Der fechtspruch.

Ankunfft unnd freyheyt der kunst.

 

Eins tages ich ein fechter fragt,

Bat freundlich ihn, das er mir sagt,

Wo doch ir ritterliche Kunst

Het ihren ursprung, der ich sunst

von jugend auff het gunst getragen.

Da ward er wider mir zu sagen:

Die ritterlich kunst ist auff-kummen,

Hat iren ersten ursprung gnummen,

Eh wann Troya zerstöret war,

Etwas mehr dann aylff hundert jar

Vor des herren Christi geburt.

Von Hercule erfunden wurd

Der olimplische kampff mit nam

Inn dem Lande Arcadiam,

Bey Olimpo, dem hohen berck.

In diesem ritterlichen werck

Kempfften zu roß nackende held,

Wie Herodotus uns erzelt.

Welcher denn ritterlichen kempffet,

Die andren mit seym schwerte dempffet,

Der selbig wurd begabet gantz.

Von öl-paumen mit eynem krantz.

In dem kampff Hercules erfacht

Groß lob und preiß durch heldes macht

Und auff-setzet den kampff fürwar,

Zu halten den im fünfften jar

Mit grosser herrligkeyt all mal.

Nach dieser olimpischen zal

Die Kriechen rechneten ir zeyt.

Poliderus des urkund geyd.

Als aber nun Hercules starb,

Dieser olimpisch kampff verdarb,

Das er ein zeyt lang von den alten

In Kriechen-land nit wurd gehalten.

Den nach dem Iphitus, sein sun,

Hat widerumb auffrichten thun

Eben gleich in voriger art,

Nach-dem Troya zerstöret ward,

Der lang ist bey den Kriechen blieben,

Wie Solimus uns hat beschrieben.

Nach dem sind auch in Kriechen-landen

Mancherley art kampff-spiel erstanden,

Etlich, die nackat allenthalben

Mit dem paum-öl sich theten salben

Und kampffweiß mit eynander rungen,

Inn schrancken wetluffen und sprungen.

Nach dem erfand könig Pirrus groß

Den gewapneten thurnier zu roß,

Und wie man solt in ordnung reyten,

Genand der pirrisch sprung vor zeyten.

Zu solchen kempffn vor langer zeyt

Hat Mercurius zu-bereit

Die jungen kempffer in kampstücken,

Auff das in thet der sieg gelücken.

Hat also die erst fechtschul ghalten,

Wie uns bezugen denn die alten

Diodorus unnd ander mehr.

Es war die aller-gröste ehr,

Wellicher da ein krantz erfacht,

Für alle reichthumb, gwalt und pracht.

Dergleichen auch das kampffspiel kom

In die mechtigen stat zu Rom,

Da Staurus ein theatrum paut,

Darinn das volck dem kampff zu-schaut,

Auff merbel-stein-seulen gesundert,

An der zal sechtzig und dreyhundert,

Das aller-gröste werck genand,

So ward gemacht durch menschen-hand,

Darinn mit groser prechtigkeyt

Braucht man die kampffspiel lange Zeit,

Das auff ein kampff der kempfer war

Offt mehr dann in die tausent par.

Sie fachten aber alle scharf,

Einer nandern schoß, hieb, stach und warff,

Mit schwertern, kolben, spieß und pfeil.

Ieder het ein schildlein im zum heil,

Darmit er sich schützt in der not.

Viel blieben auff dem kampff-platz tod,

Viel hart verwund, die sich ergaben.

Mancher art sie auch kempffet haben.

Auch mit peyheln und fisch-garn.

Auch etlich kempff bestellet warn

Mit elephanten, thieger-thiern,

Mit parden, löwen, wilden stiern,

Mit wilden pferden und mit beren.

An den mustens ir kunst beweren.

On schaden gieng der kampff nicht ab.

Bey Fidena sich eins begab

Zu kayser Tyberii zeyt,

Das einfiel ein spiel-hauß gar weit,

Zwaintzig tausent menschen erschlug,

So zu-sahen dem kampffe klug.

Nach dem aber die groß stat Rom

Zu christlichem gelauben kom,

Wurden abgelaint die kampff-spiel,

Dieweil es kostet blutes viel

Wider christlich ordnung und lieb.

Dennoch ein stück vom kampff noch blieb.'

Viel held kempfften im freyen feld

Und rietten zamb in finster weld,

Als Eck unnd der alt Hillebrand,

Laurein, hürnen Sewfrid genandt,

Köng Fasolt und Dietrich von Bern,

Theten einander kampff gewern,

Als zu erlangen preiß und ehr.

Dergleich vor kurtzer zeyt noch meer

War noch der brauch beym teutschen adel,

Wo einer fand am andern dadel,

So erfordert er in zum kempffen,

Da einer thet den andern dempffen,

Ghrürst zu roß inn feld oder schrancken.

Wer lag, der lag, an alles zancken.

Zu fuß man auch der zeyt noch kempffet.

Gerüst eyner den andren dempffet

Inn drey wehren, schwerd, dolch und spieß,

Wo einer auf den andern stieß,

Verwundet oder gar umb-bracht.

Dergleich man scharff und nackat facht,

Inn wamas, hembd, mit einem schilt.

Solchs als ist worden abgestilt,

Das solche kempff verbotten hat

Römisch kayserlich mayestat,

Maximlianus, der thewer,

Auß Christenlicher liebe fewer

Als ein unchristenliche that.

Darauß denn kam gar viel unrath

An leyb und auch an seel groß schaden

Und hat mit freyheyt thun begnaden

Fechten, die ritterlichen kunst,

Darzu er denn het sunder gunst,

Das er auch kund zu guter maß,

Und hat privilegieret das,

Des die meister von der geschicht

Ein ordnung haben auffgericht,

Sanct Marxen bruderschafft genendt,

Inn teutschem land yetz weyt erkendt.

Welcher will maister sein des schwerts

Inn diesem ritterlichen schertz,

Der selb in die herbst-meß allein

Ziech hin gen Franckfurt an den Main!

Alda wirt er examiniert,

Von den maystern des schwerts probiert,

In allen stückn hie unberürt,

Was eynem meister zu-gebürt.

Fechtens kunst den verborgnen kern,

Kan er des maisterlich bewern,

Als-denn man in zu maister schlecht

Sanct Marxen bruderschafft entpfecht.

Nach dem mag er auch fechtschul halten.

Auch schuler lehrn und verwalten

Inn allen ritterlichen wehrn,

Erstlich im langen schwerdt mit ehrn,

Messer, spieß und der stangen warten,

Im dollich und der hellen-parten,

Iedlichs nach art mit seynen stücken,

So mag in ehren im gelücken,

Wo er schul helt im gantzen reich,

In fürsten-stetten der-geleich,

Durch-auß im gantzen teutschen land.

Ich sprach: Wie sind die stück genandt,

Die man muß leren im anfang?

Er sprach: Der kunst zu eym eingang

Lehrt man öber- unnd under-haw,

Mittel und flügel-haw genaw,

Auch gschlossen und einfachen sturtz,

Den trit darzu, auch lert man kurtz

Den bossen und ein auffheben,

Außgeng und niedersetzen eben.

Ich bat: Lieber-mayst zeygt an!

Wie nendt man die stück vor dem man?

Er sprach: Ob ich dirs gleich thu nennen,

Kanst du die stück ons werck nicht kennen,

Weil du nit hast gelert die kunst.

Doch ich dir auß besunder gunst

Etlich hew und stück nennen will,

Die maisterlich sind und subtil.

Der zorn-haw und krump-haw (schaw!)

Zwerch-haw, schiller-haw, scheytler-haw,

Wunder-versatzung und nach-raysen,

Uberlauff, durchwechsel etlich hayssen,

Schneiden, hawen, stich im winden,

Abschneyden, hengen und anbinden.

Die kunst helt in vier leger klug

Alber, tag, ochs und den pflug.

Noch sind der stück viel alle sander,

Das immer eynes bricht das ander.

Doch in dem alln ein fechter (merck!)

Auff die vier bloß, auff schwech und sterck

Der höchsten rhur all mal war nemb,

Sein zoren selber brech und zem.

Noch sind verhanden vil kampff-stück,

Wie man ein werffen sol an rück,

Bain-brüch, hodn-stoß und arm-brechen,

Mord-stöß, finger-brüch, zum-gsicht-stechen.

Ich sprach: Ich bitt euch, sagt mir auch,

Weil kempffen nit mehr ist im brauch,

Was ist die kunst des fechtens nütz?

Er sprach: Deiner frag bin ich urdrütz.

Laß fechtn gleich nur ein kurtzweil sein,

Ist doch die kunst löblich und fein,

Adelich, wie stechn und thurniern,

Als sayten-spiel, singen, quintiern.

Vor frawen, rittern und vor knechten,

Wo man ein lustig spiegel-fechten

Ziert mit manchem artlichen sprung.

Das erfrewet noch alt und jung.

Auch macht fechten, wer es wol kan,

Hurtig und thetig ein jungen man,

Geschickt und rund, leicht und gering,

Gelenck, fertig zu allem ding,

Gehn dem feind bhertzt und unverzagt,

Dapffer and keck, ders manlich wagt,

Kühn und großmütig in dem krieg.

Zu gewinnen lob, ehr und sieg,

Macht mit im keck ander wol hundert.

On not des fechtens kunst dich wundert,

Weil auch erlangt die ehrlich kunst

Bey fürstn und herrn gnad und gunst,

Provision und dienst alzeyt.

Auch wirt mancher fechter gefreyt

Von fürstn oder köngklich mayestat,

Das er macht, schul zu halten, hat,

Samb er ein gschlagner mayster sey.

Mein freund, nun hast vermercket bey

Mit kurtzen worten gar genung

Der löblichen kunst uresprung,

In grosser wirrd gehalten lang,

Auch wie sie yetzund sey im gang,

Darmit manicher meister mehr

Erlanget gleich den alten ehr.

Das die kunst zu-nemb, plü und wachs.

In ehr und preiß, das wünscht Hans Sachs.

Anno salutis 1545, am 25 tag Julii.