Photographie, Der Sternhof beim Neutor, 1893, Bildarchiv Foto Marburg
Geschichte
der Fechtkunst
Nürnberg
ein
historisches Zentrum der Europäischen Kampfkunst
Nürnberger Fechtmeister und Fechtbücher
Schwerttanz und Schwertvorführung
Ansicht der Stadt Nürnberg, aus: Liber chronicarum - Weltchronik
1493, Hartmann Schedel
Der historische Rahmen
An der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit gehörte Nürnberg zu den größten Städten des Heiligen Römischen Reiches und zu den bedeutendsten Städten in Europa. Bereits in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts werden in der seit 1219 Freien Reichsstadt rund 50 Handwerkergruppen mit über 1200 Meistern gezählt, um das Jahr 1500 sind es sogar 400 verschiedene Gewerbe.
Handwerk und Handel blühen: Die Stadt an der Kreuzung wichtiger Handelswege zwischen Norden und Süden, Osten und Westen wird mit ihren Meisterbetrieben, Märkten und Messen zu einem Zentrum von Produktion und Warenumschlag. Nürnbergs wirtschaftlicher Aufstieg wird zu dieser Zeit aber auch durch seine Bedeutung als ein Zentrum der damaligen Rüstungsindustrie beflügelt. Durch die günstige Lage zu den Eisenerzvorkommen der benachbarten Oberpfalz entsteht ein umfassendes Netz spezialisierter Werkstätten für Trutz- und Schutzwaffen, die weithin gehandelt werden, wie allerlei andere Waren auch.
Selbst an der Eroberung der gerade von Spanien entdeckten „Neuen Welt“ sind Kaufleute und ihre Söldner aus dem Süden Deutschlands beteiligt: Das Augsburger Handelshaus der Welser, das ab 1493 eine Faktorei und ab 1504 einen Sitz im Inneren Rat von Nürnberg hatte, führt Expeditionen in Venezuela durch. 1529 gründen diese „deutschen Konquistadoren“ dort „Neu-Nürnberg“, das heutige Maracaibo.
In diesem Klima der wirtschaftlichen Blüte gedeihen – als positiver Nebeneffekt – auch Wissenschaften und Künste in bislang unbekanntem Maße. Eine ganze Reihe von Erfindungen und Neuheiten stammt aus Nürnberg. So lässt zum Beispiel Martin Behaim nach einem Aufenthalt in der Seefahrernation Portugal 1492 seinen „Erdapfel“, den ältesten noch erhaltenen Globus, anfertigen. Im Heiligen Jahr 1500 gibt der Kompassmacher Erhard Etzlaub mit seiner „Romweg“-Karte die erste Straßenkarte Mitteleuropas heraus, und Peter Henlein erfindet um 1510 eine Taschenuhr, das so genannte „Nürnberger Ei“. Auch wenn der Buchdruck zwar nicht in Nürnberg erfunden wurde, avancierte Nürnberg doch schnell zu einem bedeutenden Zentrum dieser neuen Art der Wissensübermittlung und nicht zuletzt dadurch auch zu einem wichtigen Standort für die Verbreitung der Ideen des Humanismus und der Reformation.
In der Zeit um 1500 hatten der geübte Umgang mit der Klinge
noch einen ganz konkreten Zweck als Mittel der gewaltsamen Auseinandersetzung.
Auf dem Schlachtfeld wurden die Feuerwaffen mehr und mehr kriegsentscheidend,
trotzdem ist der einzelne Kämpfer noch für lange Zeit ohne Blankwaffe nicht
vorstellbar. Und auch im Zivilleben dienen das Schwert, seine Varianten und
Nachfolger, gekonnt geführt, als wirksamer Schutz gegen Räuber und Gesindel auf
den unsicheren Wegen und Straßen. Gleichzeitig entwickelte sich in dieser
Zeit das Fechten aber auch zusehends zu einem Vergnügen, dem das aufstrebende
und selbstbewusste Bürgertum gern frönte.
Nürnberger Fechtmeister und Fechtbücher
Epitaph auf dem Nürnberger St. Rochus Friedhof von Melchior Gaißmann, Hauptmann
der Marxbrüder, 16. Jhd. Leonhard Schwab, Unterhauptmann der Federfechter, 17. Jhd.,
Stecher: Georg Fennitzer, Privatbesitz
Personenverzeichnis Nürnberger Fechtmeister mit Anmerkungen, erstellt von Werner Ueberschär | PersonenverzeichnisNuernbergerFechtmeister.pdf |
Handschriften
Das älteste erhaltenen Fechtbuch, das sich auf Johannes Liechtenauer bezieht, ist die unbebilderte “Nürnberger Handschrift” (Germanisches National Museum Hs. 3227a), ein Hausbuch datiert auf das Jahr 1389, das neben unterschiedlichen Fechttechniken auch andere Themen wie z.B. Eisenhärtung, Alchemie, Astrologie und Küchenrezepte enthält. Fälschlich einem Pfaffen Hanko Doebringer zugeschrieben, handelt es sich vielmehr um eine Sammlung der Lehren verschiedener Fechtmeister. Auch wenn Liechtenauer, wie der unbekannte Autor schreibt, die Fechtkunst nicht erfunden hat, so war sein Einfluß auf diese doch entsprechend groß. Von Meister Liechtenauer sind uns "Zedel" (Merkverse) überliefert, die entgegen der ursprünglichen Absicht, daß deren tatsächlicher Inhalt nur den Eingeweihten verständlich sei, von späteren Meistern in ihren Fechtbüchern erklärt und ausgelegt wurden. Da es ansonsten keine Angaben zum Leben des Johannes Liechtenauer gibt, kann bisher nur darüber spekuliert werden, ob es sich bei der Herkunftsbezeichnung des Nachnamens um den mittelfränkischen Ort Markt Lichtenau handeln könnte, der spätestens seit 1385 zum direkten Einflußgebiet der Reichsstadt Nürnberg gehörte.
Neufassung der Liechtenauer Zettel mit Kommentar, erstellt von Werner Ueberschär | |
Zedel von Meister Liechtenauer (Langes Schwert) | Gegenüberstellung verschiedener Fechtbücher |
In der Einleitung seiner Fechthandschrift von ca. 1460
schreibt Paulus Kal: "Hÿe hebt sich an die kunst die liechtenawer mit seiner
gesellschafft gemacht und gepraücht hat in aller ritterlicher wer das im got
genädig seÿ." Darauf folgt eine Aufzählung von 16 Fechtmeistern,
darunter auch der Lehrer von Kal Meister Stettner. Paulus Kal stand lange Zeit
in Diensten von Bayernherzog Ludwig IX., für den er auch im Bayerischen Krieg
gegen den Nürnberger Erzfeind, den Ansbacher Markgrafen Albrecht Achilles von
Brandenburg, kämpfte. Einige der aufgeführten Meister finden sich wieder in
anderen Handschriften. Namentlich sind dies: Peter von Danzig (zu Ingolstadt), Andre und Jacob Liegniczer, Sigmund Amring (vermutlich identisch mit Sigmund Ringeck), Martein
Hunczfeld und der Ringer Ott.
Unter den ansonsten bisher nicht weiter bekannten Meistern werden auch ein Maister hanns pägnüczer
(=Pegnitzer) und ein Maister hartman von nurñberg
aufgezählt.
Ein Hanns Hartmann, Hauptmann der Marxbrüder, wird für die Jahre 1500 und 1508,
allerdings ohne eine Herkunftsbezeichnung, in der Augsburger Handschrift
I.6.2°.5 genannt. Vorausgesetzt beide Personen wären identisch und die Datierung
der Handschrift würde stimmen, wäre dieser allerdings bei seiner Wahl zum
Hauptmann bereits in höherem Alter gewesen. Die Frage nach der Übereinstimmung
der beiden Personen ist insofern von Bedeutung, da dies ein möglicher Nachweis
über eine Verbindung der Gesellschaft Liechtenauers mit den Marxbrüdern (siehe
dort) wäre.
Vorstellbar ist auch, daß Meister Hans Pegnitzer einen Bezug zu Nürnberg
gehabt haben könnte. Die Herkunftsbezeichnung des Nachnamens läßt vermuten, daß
dessen Vorfahren ursprünglich aus der knapp 60 km von Nürnberg gelegenen Stadt
Pegnitz kamen. In Nürnberg gab es mehrere bekannte Träger diesen Familiennamens,
der nach einem Blick in heutige Telefonbücher offensichtlich weitestgehend
ausgestorben ist. Am bekanntesten sind wohl die beiden Büchsengießer Andreas
(Endres) Pegnitzer und dessen Sohn gleichen Namens.[1] Der
Vater von Andreas d.Ä. war vermutlich der 1509 verstorbene Büchsengießer Hans
Pegnitzer, der auch Schwiegervater des bekannten Nürnberger Stadtbaumeisters
Hans Behaim d.Ä. war (s. Marstall). Ein weiterer Pegnitzer aus Nürnberg war
Johann, der zusammen mit weiteren Deutschen 1490 eine Buchdruckerei in Sevilla
eröffnete.[2] Auf Grund des häufigen Vornamens Hans, läßt
sich natürlich keine Aussage treffen, ob unser Meister Pegnitzer identisch mit
dem Geschützgießer gewesen sein könnte. Wegen der geringen Verbreitung des
Nachnamens mit eindeutigen Bezug zu Nürnberg könnte aber eine Verortung in
Nürnberg wahrscheinlich sein, auch hinsichtlich dessen Nennung direkt vor
Meister Hartmann von Nürnberg.
Interessant ist diesbezüglich auch eine Ordnung Nürnberger Büchsenmeister in
Zusammenhang mit dem ersten Markgrafenkrieg 1449. In erster Linie versteht man
unter einem Büchsenmeister einen Handwerker, der mit der Herstellung von
Schußwaffen vertraut war und daher in Kriegszeiten ein besonderes Ansehen genoß.
Eher unwahrscheinlich ist es allerdings, daß alle in der Ordnung genannten
Personen Geschützgießer waren. Zumindest waren diese aber mit deren Umgang
vertraut und hatten eine besondere Verantwortung für die Geschütze in ihrem
zugewiesenen Abschnitt und der diese bedienenden Personen. In der Ordnung wird
auch ein maister Pauls Schirmaister erwähnt. Die beiden
Zuordnungen maister und Schirmaister heben ihn in der ansonsten
ausschließlichen Aufzählung von Namen besonders hervor. In dieser Aufzählung
findet sich auch Hanns Schnepprer, der mit dem Nürnberger Meistersinger
Hans Rosenplüt (s. dort) gleich gesetzt wird. Ein weiterer Büchsenmeister ist
Hartmann Unverdrossen. Auch hier könnte es sich lediglich um einen
Beinamen handeln. Weiterhin finden wir auff dem turn hinter dem Wilpad
einen Hanns von Stetten.[3]
Ohne weitere Hinweise bleibt die Frage spannend, ob es sich hier nur um
zufällige Namensähnlichkeiten handelt oder ob tatsächlich ein Teil der
Liechtenauer Gesellschaft Nürnberg gegen die Angriffe des Ansbacher Markgrafen
Albrecht Achilles verteidigt hat.
Artikel über Paulus Kal | http://fechtgeschichte.blogspot.com/ |
Artikel zur Gesellschaft Liechtenauer | http://fechtgeschichte.blogspot.com/ |
[1] zur Person Andreas Pegnitzer. J. Bader, Beiträge zur Kunstgeschichte Nürnbergs, Bände 1-2, 1860 | http://books.google.de/ |
[2] Germania: Archiv zur Kenntnis d. dt. Elements in allen Ländern d. Erde, Band 2; 1848; Verbreitunger der Druckerkunst von Nürnberg aus. | http://books.google.de/ |
[3] Quellen und Erörterungen zur bayerischen Geschichte, Band 8, G. Franz, 1860; p. 199 ff, Ordnung der Büchsenmeister | http://books.google.de/ |
Transkriptionen von Dierk Hagedorn zu Cod. Hs. 3227a und BSB Cgm 1507 | http://www.hammaborg.de/de/transkriptionen/index.php |
Weniger bekannt ist eine Fechthandschrift von ca. 1480 in der Arbeitshandschrift (Q566) von Hans Folz. (siehe Meistergesang und Waffenklang)
Johannes (Hans) Lecküchner, ein Geistlicher aus Nürnberg, der seit 1480 der Pfarrei Herzogenaurach vorstand, verfasste ein Buch über die Kunst des Messerfechtens, das er erst kurz vor seinem Tod 1482 fertiggestellt wurde. Dieses widmet sich in über 400 Techniken dem Umgang mit dem „Langen Messer“. Diese auch „Bauernwehr“ genannte, rund einen Meter lange einschneidige Waffe war vielseitig einsetzbar und damals vermutlich gebräuchlicher als das Schwert. Neben der unbebilderten Heidelberger Handschrift gibt es noch eine mit kolorierten Federzeichnungen versehene in der Bayerischen Staatsbibliothek in München. Es wird vermutet, daß der Zeichner aus der Schule des Michael Wolgemut stammt, der auch Lehrer von Albrecht Dürer war.
Biographie von Julia und Carsten Lorbeer | http://www.schwertkampf-ochs.de/leckuechner.html |
Lecküchner, Hans; Cod. Pal. germ. 430; 1478 | http://diglit.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg430/0012 |
Lecküchner, Hans: Kunst des Messerfechtens - BSB Cgm 582; 1482 | http://daten.digitale-sammlungen.de/bsb00002184/images/ |
Transkription Cgm 582 | http://www.pragmatische-schriftlichkeit.de/cgm582.html |
Das lange Messer |
http://www.intermundus.de/site2.0/wehrundwaffen/langes messer.htm |
1471 wird in Nürnberg Albrecht Dürer als Sohn eines aus Ungarn in die Stadt zugewanderten Goldschmieds geboren. Dürer soll in den kommenden Jahrzehnten zu einem der größten Künstler seiner Zeit werden, in dessen grafischem Schaffen sich die Elemente von Spätgotik und Renaissance vereinen. Um 1512 arbeitet Dürer im Auftrag des Kaisers Maximilian I. In dieser Konstellation von Künstler und Auftraggeber werden auch die Ursprünge eines skizzenhaftes Fechtbuches (Hs. 26-232) vermutet, dessen Herkunft nicht vollständig geklärt ist, im Stil jedoch auf Dürers Hand schließen lässt. In detaillierten lavierten Zeichnungen werden hier verschiedene bewaffnete und waffenlose Kampftechniken dargestellt. Nicht auszuschließen ist, daß es sich vielleicht um eine Vorstudie für ein gedrucktes Buch mit Holzschnitten handeln könnte. Beim Ringteil und in geringerem Umfang bei den Waffenstücken handelt es sich textlich und bildlich überwiegend um eine freie Abschrift der Fechthandschrift Codex Wallerstein von ca. 1470. Eine Anfang des 17. Jahrhunderts erstellte und in Breslau aufbewahrte Kopie (Cod. 1246) ging im 2. Weltkrieg verloren.
aus dem Fechtbuch von A. Dürer
Dörnhöfer, Friedrich; Albrecht Dürers Fechtbuch; 1910 | http://archive.lib.msu.edu/DMC/fencing/albrecht.pdf |
Dürerforschung am Germanischen Nationalmuseum | http://www.duerer-nachbarschaft.de |
Niclas Pruckner (gest. 04.05.1523), Messerschmid
Im Gegensatz zu den vielen Nürnberger Fechtmeistern, von denen bestenfalls der
Name bekannt ist, besitzen wir zumindest von Pruckner eine Abbildung und ein
genaues Sterbedatum, da dieser seinen Lebensabend als Bruder der Landauerschen
Zwölfbrüderstiftung (einer Art Altersheim) verbrachte. Das Besondere dieser
Stiftung (wie auch der etwas älteren Mendelschen Zwölfbrüderstiftung) ist es,
daß in den Hausbüchern, die sich jetzt im Besitz der Stadtbibliothek Nürnberg
befinden, alle Insassen portraitiert und mit biographischen Daten versehen
wurden. Während auf den meisten Abbildungen nur die handwerkstypischen
Utensilien zu sehen sind, fällt die Darstellung von Pruckner durch den geflügelten
Löwen und die Schwerterpaare auf, wodurch wir ihn eindeutig als Mitglied der
Marx-Brüder identifizieren können.
In den Ratsbüchern wird 1478 und 1479 als erster namentlich genannter
Schirmschulhalter ein Niclausen Pruckner erwähnt. 1495 taucht der Name nochmals auf. Da im Hausbuch der Zwölfbrüderstiftung kein
Alter angegeben ist, ist es schwierig zu beurteilen, ob es sich um dieselbe
Person handelt, kann aber durchaus vermutet werden.
Rein spekulativ allerdings bleibt, ob ein am 20.03.1477 aus Franken kommender
namenloser Schirmmeister am Hof des Kurfürsten Ernst von Sachsen identisch ist
mit einem Fechter „meister nickel“, der den kurfürstlichen Hof am 19.08.1482
wieder verläßt [1] und, da es nicht ungewöhnlich war nur
den Vornamen zu erwähnen, unser Meister Niclas Pruckner sein könnte.
Niclas Pruckner, Landauersche Zwölfbrüderstiftung Band 1, Stadtbibliothek Nürnberg | http://www.nuernberger-hausbuecher.de/75-Amb-2-279-14-r |
[1] zitiert nach Rainer Welle „…und wisse das alle höbischeit kompt von deme ringen“, 1992, p. 265 f. |
Anthoni Rasch (gest. 1549), Schwertfeger
Im Auftrag von Paulus Hector Mair, einem leidenschaftlichen Sammler von
Fechtbüchern und selbst Herausgeber eines Fechtkompendiums, wurde 1553 die
Abschrift eines Fechtbuches (Schätze 82 Reichsstadt) erstellt,
dessen Autor laut Mair der 1549 mit 70 Jahren verstorbene aus Nürnberg
stammende Schwertfeger und Schwertmeister Anthony Rast war. Dieser ist identisch mit
dem in der ebenfalls aus der Sammlung
Mair stammenden Handschrift I.6.2°.5 erwähnten
Nürnberger Meister der Marxbrüder Anthoni Rasch bzw. Resch (1522 als neu gewählter Hauptmann und 1534 als
"in der Herbstmeß das meß gewandt und alles was dazu gehört von den maistern
auß den Clostern genomen worden und haben die münch quitiert").
Sowohl das Fechtbuch von Albrecht Dürer als auch die im Auftrag von Mair erstellte Abschrift von Anthony Rast haben Gemeinsamkeiten in der Darstellung mit dem Berliner Skizzenbuch (Libr. pict. A 83). Dieses enthält 258 Illustrationen ohne Text und wurde Anfang des 16. Jahrhunderts von einem unbekannten Zeichner erstellt.
Fechtbücher der "Nürnberger Gruppe" | http://wiktenauer.com/wiki/Nuremberg_Group |
Transkription Schätze 82 Reichsstadt (Anthony Rast) |
Gedruckte Bücher
Handelte es sich bei den Handschriften meistens um Einzelanfertigungen, ermöglichte der Buchdruck, die Fechtkunst auch
breiteren Bevölkerungsschichten zugänglich zu machen.
Zudem erfolgten mehrere Veränderungen in der Fechtkunst. Zunehmend setzten
sich anfangs italienische, später dann französische Einflüsse durch. Das
zweihändig geführte Lange Schwert wurde vom einhändig geführten Rapier abgelöst.
Es erfolgte eine Untergliederung in Hieb- und Stoßfechten, wobei sich letzteres
dann durchsetzte. Auch der stärker werdende Einfluß der Wissenschaften,
insbesondere der Mathematik und Geometrie, machte sich bemerkbar. Fechten wurde
zu einer mathematisch berechenbaren Kunst.
Mitte des 18. Jahrhunderts endete die Zeit der bürgerlichen Fechtergesellschaften und damit auch der Zugang einfacher Volksschichten zu den "ritterlichen" Künsten. Das Fechten gehörte allerdings weiterhin neben Reiten, Voltigieren und Tanzen zu einer "klassischen" Ausbildung dazu. Allerdings wurde dieses jetzt überwiegend an Lehranstalten für die Kinder der besseren Gesellschaft, Universitäten, Ritter- und Militärakademien gelehrt und blieb damit wieder weitestgehend den Söhnen des Adels und der höheren Bürgerschichten vorbehalten. Durch den Wegfall der "praktischen" Anwendung, die sich höchstens noch in Ehrenduellen zeigte, spielten ästhetische Aspekte eine immer größere Rolle und der Ablauf der Bewegungen wurde stärker reglementiert. Im 19. Jahrhundert schließlich wurde Fechten fast nur noch an Universitäten gelehrt und praktiziert. Allerdings hat das heutige studentische Hiebfechten nur noch wenig mit der ursprünglichen an den Universitäten gelehrten meist auf Stoß geführten Fechtkunst zu tun, die einige bekannte Familien von Fechtmeistern, wie Kreußler in Jena, Kahn in Göttingen und die Fechtmeisterdynastie Roux hervorbrachte.
Sebastian Heußler (geb. 1581 - gest. nach 1645) war Nürnberger Drucker
und selbst Fechter. Er war Sohn des Nürnbergers Leonhard Heußler, der
durch den Druck von Neuigkeitsberichten und der ersten Gesamtausgabe der
Dichtungen von Hans Sachs bekannt war.
Zusammen mit Johann Renner gab er 1615 ein Buch über das Fahnenerxerzitium mit
dem Titel New Künstliche Fahnenbüchlein/ Das ist: Wie der Fahnen mit
sonderlichen vortheil/leicht und gering/auch Zierlich getragen vnd geschwungen
werden soll/auff Teutsche/Italianische/vnd Französische Manier/allen der Kunst
liebhabenden Kriegsleuten/vnd denen so zu solch löblicher exercitio an
Fürstlichen Höfen/vnd auff Vniversiteten lust vnd lieb tragen/zu gefallen/mit
schönen Kupffersttücken in Truck verfertigt/dergleich vor nie außgegangen
heraus.
Heußler war auch der Herausgeber eines new künstlichen Fechtbuches,
basierend auf den Lehren verschiedener italienischer und französichser
Fechtmeister, das zwischen 1615 und 1640 mehrmals aufgelegt wurde. Grundlage
waren vor allem die Fechtbücher von dem auch in Frankreich, Deutschland und
Dänemark bekannten Fechtmeister Salvatore Fabris (Padua, 1544 - 1617), das
dieser im Auftrag des dänischen Königs Christian IV verfaßte, und von Ridalfo
Capo Ferro, der deutscher Herkunft war und eigentlich Rudolf Eisenhut hieß,
deren Kupferstiche er auch in seinem Werk übernahm.
Sebastian Heusler. Bürger und Frei-Fechter von Nürnberg,
ca. 1630
Bildquelle:
http://edocs.ub.uni-frankfurt.de/volltexte/2007/7649/
Heußler, Sebastian; New Künstlich Fechtbuch; 1626 | http://gdz.sub.uni-goettingen.de/no_cache/dms/load/img/?IDDOC=304388 |
Biographie von Sebastian Heußler - Bezzel, Irmgard; Leonard Heußler; 1999; p. 35 ff | http://books.google.com |
Johann Andreas Schmidt war bestellter Fecht- und Exercitienmeister
des Hl. Röm. Reichs Freyen Stadt Nürnberg.
Er verfasste 1713 eine Druckschrift mit dem Titel Leib beschirmende und
Feinden Trotz bietende Fecht-Kunst; Oder: Leicht und getreue Anweisung auf Stoß
und Hieb zierlich und sicher zu fechten; Nebst einem curieusen Unterricht vom
Voltigiren und Ringen/ Deutsch und gründliche beschrieben/ und mit saubern darzu
gehörigen/ nach den Actionen gezeichneten/ Kupffern an das Licht gestellet.
Dieses war maßgeblich für das 18. Jahrhundert und wurde bis 1780 fünfmal
aufgelegt. Es behandelt neben dem Rapier auch bereits den Säbel, der in der
folgenden Zeit die wohl wichtigste Blankwaffe wurde.
Nach dem Nürnbergisches Gelehrten-Lexicon (1806) war er auch Fechtmeister
in Hildburghausen, Bayreuth, Stuttgart und Tübingen, wo er starb. In diesem sind
einige kleinere Anekdoten über ihn überliefert. Sein Lehrmeister war vornehmlich
Johann Georg Bruch zu Amsterdam.
ausführlicher Artikel über Johann Andreas Schmidt | http://fechtgeschichte.blogspot.com |
Nürnbergisches Gelehrten-Lexicon, oder, Beschreibung aller nürnbergischen Gelehrten; Beym, 1806 | http://books.google.de/ |
Leib-beschirmende und Feinden Trotz-bietende Fecht-Kunst ...; Nürnberg : Weigel, 1713 | http://digital.bibliothek.uni-halle.de/hd/content/titleinfo/102327 |
Johann Andreas Schmidts, Fecht-und Exercitienmeisters Fecht-Kunst ...; Nürnberg : Weigel, 1780 | http://books.google.de/ |
Ein weiterer Vertreter der französischen Stoßfechtschule dieser
Zeit ist der gebürtige Ire Alexander Doyle,
Chur-Mayntzischer Hof- und Universitäts- Fecht- und. Voltigier-Meister, mit dem 1716 in Nürnberg
herausgebrachten Buch Neu alamodische ritterliche Fecht- und Schirmkunst. Das
ist: Wahre und nach neuester französischer Manier eingerichtete Unterweisung wie
man sich in Fechten und Schirmen perfectionieren und verhalten solle,
nochmals aufgelegt 1729. Die Abbildungen wurden vom Nürnberger Kupferstecher
Johann Conradt Reiff angefertigt.
Artikel "Das Fechtbuch des Mainzer Hoffechtmeisters Alexander Doyle" | http://fechtgeschichte.blogspot.com |
Bodemer, Heidemarie; Das Fechtbuch; Dissertation 2008 | http://elib.uni-stuttgart.de/opus/volltexte/2008/3604/pdf/Fechtbuch.pdf |
Meistergesang und Waffenklang
Daß es zwischen Meistersingern und Fechtern
eine Verbindung gab, ist belegt und auch nahe liegend, da sicher einige
Handwerker beiden Beschäftigungen nachgingen. In einem Ratserlaß vom Juli
1503 werden die Meistersinger ermahnt, keine offene Fechtschul zu halten, was die
Vermutung zuläßt, daß nach dem Singen auch gerne mal die Klingen gekreuzt
wurden und dafür auch Eintritt verlangt wurde.
Es gibt auch eine begriffliche Gemeinsamkeit. So wurden die öffentlichen
Wettbewerbe der Meistersinger als Singschulen bezeichnet.
Einen weiteren Beleg findet man in der Stadtbibliothek: Hansen Reindahlers,
Kammachers und Freyfechters erdichtes Gesang. Welches er kurz zuvor als er
sterben solt, an der Richtstatt auf freyem Marckte gesungen. Geschehen in der
Churfürstlichen Statt Amberg den 23. Tag Octobers Im Jahr 1599.[1]
In der dichterischen Beschreibung eines Messertanzes des Meistersingers
Hans Weber am 3.2.1600 wird der Messerschmied und Meistersinger Hans Fenitzer
erwähnt, der ebenfalls auch Fechter war.
Zudem gibt es auch im Simplicissimus von Hans Jacob Christoph von Grimmelshausen
eine Anspielung: "derselbe war seines Handwerks ein Kürschner und dahero
nicht allein ein Meistersänger, sondern auch ein trefflicher Fechter, und damit
er seine Kunst nicht vergäße, übte er sich täglich mit mir vor die lange Weil in
allen Gewehren, ..." (II. Buch, Kapitel XXIX)
(Zum Thema siehe auch Schwerttanz und Schwertvorführungen)
[1] zitiert nach Nürnbergisches Gelehrten-Lexicon oder Beschreibung aller nürnbergischen Gelehrten beyderley Geschlechtes nach ihrem Leben, Verdiensten und Schrifften. 4 Supplementbde. Fortgesetzet von C.C. Nopitsch, 1806, p. 239 | http://books.google.de/books |
Schaer, Alfred; Die altdeutschen Fechter und Spielleute; 1901 | http://www.archive.org/details/diealtdeutschenf00schauoft |
Wenn auch in unterschiedlicher Weise, läßt sich für bekannte Nürnberger Meistersinger und Fastnachtsspieldichter ein gewisser Bezug zur Waffe herstellen. (Zum Thema siehe auch Schwerttanz und Schwertvorführungen)
Hans Rosenplüt, genannt der Schnepperer (genaue
Daten unbekannt, ca. 1400 - 1460), Rotschmied.
Dieser hatte wohl den direktesten Bezug zum Kriegshandwerk. Vorausgesetzt, daß
Hans Rosenplüt tatsächlich identisch mit Hans Sneprer ist, war er als
Büchsenmeister mitverantwortlich für die Stadtverteidigung. Auch an der
Verteidigung der nürnbergischen Festung Lichtenau gegen Albrecht Achill im
ersten markgräflichen Krieg hat er teilgenommen. Wegen seinem Lobspruch auf
Herzog Ludwig von Bayern gilt er auch als Wappendichter.
Hans Folz (geb. 1435 o. 1440 in Worms, gest. Januar
1513 in Nürnberg) Barbier-Meister, Wundarzt, Drucker.
Er gilt als Reformator des Meistergesangs und war dadurch auch
prägend
für Hans Sachs. Neben Fastnachtspielen und Meisterliedern gehört zu
seinem Werk auch das Bäderbüchlein, in dem Folz in Versform neben
allgemeinen Hinweisen für den Patienten Wildbäder (Heilbäder)
beschreibt.
Hier heißt es:
"Wirt allß vereinet in eim plick. / Do macht sich
mancherley geschick / Von essen, trincken, tantzen, springen, /
Steinstossen, lauffen, fechten, ringen, / Seitenspil, pfeiffen,
singen, sagen, / Eynander von vil sachen fragen, / Libkosen, halsen vnd
sust schimpfen / Kün sie einander alls gelimpfen, / In wisen,
gerten sich ermeyen, / In weld vnd zu den prunen reyen."
Ein interessantes Detail seiner Biographie ist, daß, nachdem ihm eine
Alterspfründe bei den Augustinern vom Rat verwehrt wurde, er sich 1509
eine Altenwohnung im Nürnberger Klosterhof der Heilsbronner
Zisterzienser erwerben konnte, also an dem Ort, an dem zu dieser Zeit
auch Fechtschulen gehalten wurden.
Was Hans Folz vor allem aber mit dem Fechten verbindet, ist die
Beschreibung mehrerer Fechtstücke auf 6 Blättern in seiner Arbeitshandschrift (Q
566) von ca. 1480, die im übrigen sonst Meisterlieder enthält.
"Unterweisung im fechten. Anfang: Merck die 14 stuck mit dem swert vund
auch mit dem spitz swert degen vnd schilt vnd gut kempflich ringen mit
dem degen. Am Schluße der prosischen abhandlung bl. 147b noch ein
gedicht über denselben gegenstand. Anfang: Vnde versus. Iß das du
linkest / In dem fechten du sere hinkest / Ich sag dir fur war / Keiner
schutz sich ane var."[1]
Bei dem Gedicht handelt es sich um einzelne Verse der Liechtenauer Zedel. Da
diese bruchstückhaft und in scheinbar willkürlicher Reihenfolge aufgeführt sind,
ist es eher unwahrscheinlich, daß es sich um die direkte Abschrift einer anderen
Fechthandschrift handelt.
Hans Folz, Zeichnung von H. Schwarz, um 1520
Die Fechtlehre des Hans Folz - Transkription der Handschrift Q 566 von Andreas Meier | http://www.pragmatische-schriftlichkeit.de/q566.html |
Die Zedel bei Hans Folz in der Gegenüberstellung zu verschiedenen Fechtbüchern | Gegenüberstellung verschiedener Fechtbücher |
Biographie nach Dr. Rüdiger Krüger | http://www.rcs-krueger.de/folz.htm |
[1] zitiert nach "Fastnachtspiele aus dem fünfzehnten Jahrhundert, veröffentlicht von Litterarischer Verein, 1853" | http://books.google.com/ |
Hans Sachs (05.11.1494 - 19.01.1576), Schuhmachermeister, dichtete 1545 den Fechtspruch Ankunfft und freyheyt der kunst,
in dem es heißt:
"Lass fechten gleich nur Kurzweil sein, ist doch die Kunst löblich und fein".
Der Fechtspruch wurde 1589 zu Dresden ohne Nennung der eigentlichen
Urheberschaft von Christoff Rösener in Ehren Tittel vnd Lobspruch Der
Ritterlichen Freyen Kunst der Fechter, auch jhrer Ankunfft, Freyheiten vnd
Keyserlichen Priuilegien etc. verarbeitet. Man könnte es auch als Diebstahl von
geistigem Eigentum bezeichnen. In diesem Tractat rühmt er die Marx-Brüder
und verunglimpft die Federfechter. In diesem erscheint auch im Anhang ein
Meisterlied eines gewissen Paulus Roth. Das Spruchgedicht Röseners wurde 1870 in der Vorarbeit zu
einer Geschichte der Marxbrüder und Federfechter von Karl Wassmannsdorff
veröffentlicht.
In dem am 20.02.1530 verfaßten Spruchgedicht Ein Lobspruch der Stadt
Nürnberg schreibt Hans Sachs: "Und welcher Kurzweil´ lernte gern,/
Fechten, Singen und Saitenspiel,/ Die find´t er künstlich und subitl."
Allerdings klingt die Ansicht von Sachs über das Fechten als Kurzweil in dem
1536 verfaßten Gedicht Ein gesprech Die neun gab Muse oder kunstgöttin
betreffend noch etwas anders, als er seine Entscheidung während seiner
Gesellenjahre, sich der Dichtkunst zu widmen, begründet:
"Als man zelt fünffzehundert jar/ Unnd dreyzehne; als ich war/ zu Wels in
gantz blüender jugent,/ Mein sinn sich her, und wider wugent,/ Auff was
kurztweil ich solt begeben/ Forthin durch-auß mein junges leben/ Neben meiner
handt-arbeit schwer,/ Die doch nützlich und ehrlich wer,/ Weil ich in kurtz
verschinnen jarn/ Het als ein jüngeling erfarn/ ... In fechten, ringen neyd und
haß,/ ... Was kurtzweil menschlich hertz erfrewt,/ Darinn sich üben junge lewt,/
Jedes sein nachgreyß mit im bracht./ Des wurden all von mir veracht"
Insofern erscheint das Fechten bei Hans Sachs in unterschiedlichem Licht.
Einerseits, wie auch aus dem Gedicht Ein´ künstliche Vergleichung des ganzen
menschlichen Lebens ... hervorgeht, als Müßiggang und Zeitvertreib,
andererseits als löbliche Kunst. Immer ist es aber mit dem Attribut der
Kurzweil, insbesondere für junge Leute, versehen. Ein Hinweis darauf, daß die
Fechtkunst auch aus Gründen der Kriegstauglichkeit und der Selbstverteidigung
ausgeübt wurde, fehlt, wie auch im Fechtspruch ("weil Kämpfen nit mehr ist im
Brauch") ausdrücklich betont wird. Damit können wir davon ausgehen, daß im
reichstädtischen Bürgertum des 16. Jahrhundert (siehe auch "Fechtschulen in
Nürnberg") die Ausübung der Fechtkunst keinen praktischen Nutzen mehr verfolgte,
sondern eine übliche und beliebte Freizeitbeschäftigung war.
Andreas Herneisen, der Hans Sachs kurz vor seinem Tod porträtierte, hat auf einem
weiteren Bild, das den Künstler zeigt, wie er gerade Hans Sachs malt, folgende Verse
hinterlassen: "Als ich in Conterfeyhen wardt / am Tisch nach Boetischer art / Ein Kleines ketzlein wie
ich sprich/ Sie umb sein Bardt hier umer strich/ Ich Sprach Herr sachs
sol ich darnebn / dem ketzlein auch seine farb gebn / wie es sich da Streicht
auf dem Buldt/ Bei Leib nein sprach man geb mir dschuldt/ das ich solt
ein marxbruder sein/ Darumb so mallt mirs Ja nit Hirein"
Neben einem kleinen Hund ist auf dem Bild auch eine Katze auf dem
Schreibpult von Hans Sachs dargestellt. Das Wappentier der
Marx-Brüder, der geflügelte Löwe, wurde gerne von den Federfechtern als "Katze"
verspottet. Die Datierung des Bildes ist nicht genau geklärt, vermutlich wurde
dieses aber erst nach dem Tod von Hans Sachs angefertigt. Die wohl gängige
Interpretation ist, daß der friedliebende Hans Sachs nicht mit den Marxbrüder
verglichen werden wollte, die wohl im Ruf von Raufbolden standen. Allerdings
stellen sich bei dieser Interpretation einige Fragen. Wie paßt dies zu der
positiven Einstellung der Fechtkunst und den Marxbrüdern gegenüber im
Fechtspruch ca. 30 Jahre vorher und warum reduziert der Maler das vielseitige
Lebenswerk des Nürnberger Meisters ausgerechnet auf diesen Aspekt? Da sich der
Maler selbst mit ins Bild gesetzt hat, könnte man davon ausgehen, daß hier
weniger der Dichter als der Maler eine bestimmte Botschaft dem Betrachter
übermitteln wollte. Zumindest liegt die Entstehung des Bildes in der Zeit, in
der sich die Freifechter von der Feder (siehe dort) formierten. Dies würde insofern zu Sachs passen, da die Schuhmacher bei den Federfechtern
im Vergleich zu anderen Berufen überproportional vertreten waren, während bei
den Marxbrüdern für Nürnberg kein einziger Schuhmacher zu finden ist. In seinem
Fechtspruch ist allerdings ausschließlich von den Marxbrüdern die Rede. Sollte
sich Hans Sachs aber in jungen Jahren tatsächlich im Fechten versucht haben,
bleibt die Frage offen, ob dies dann innerhalb der Gesellschaft der Marxbrüder
erfolgte. Ob man unter Berücksichtigung dieser Aspekte die Verse
auch als Sympathiebekundung des Malers für die sich organisierenden Freifechter
interpretieren könnte, muß offen bleiben, da sich weder für Herneisen noch für
Sachs bisher eine Verbindung zu diesen nachweisen läßt.
Zitiert nach Theodor Hampe (1900) finden sich in 2 Pester
(Budapest) Sammelhandschriften mit Meisterliedern von Hans Sachs in Verbindung
mit diesem die Zusätze "ein fechter" und "approbirt fechtmeister". Lt.
Hampe handelt es sich allerdings um Ergänzungen aus dem ausgehenden 17.
Jahrhundert, die dadurch wenig aussagekräftig sind.
Insofern muß die Frage offen bleiben, ob Sachs selbst Fechter war, zumindest war
er aber mit der Fechtkunst vertraut.
Hans Sachs im 51. Lebensjahre, Holzschnitt von Hans Brosamer
Hans Sachs "Ankunfft und freyheyt der kunst" (1545) | Fechtspruch |
Der Fechtspruch von Christoff Rösener | Bayerische Staatsbibliothek |
"Ein Lobspruch der Stadt Nürnberg" in Hans Sachs ernstliche Trauerspiele, liebliche Schauspiele, seltsame Fastnachtspiele, kurzweilige Gespräch´, sehnliche Klagreden, wunderbarliche Fabeln, sammt anderen lächerlichen Schwänken und Possen; Hgb. Dr. Johann G. Büsching, Erstes Buch; Nürnberg; 1816 |
http://books.google.de/ |
Wikisource: Hans Sachs: Werke / Hrsg. von Adelbert von Keller, 26 Bde., Laupp, Tübingen (Drucker) 1870 – 1908 | http://de.wikisource.org/wiki/Adelbert_von_Keller |
Georg Hager d. J. (get. 26.11.1552, gest. 10.101634 an der Pest),
Schuhmacher
Sein Vater Georg Hager d. Ä. erlernte Handwerk und Meistergesang bei Hans Sachs.
Georg Hager d. J. verfasste 1591 ein Fechtlied, in dem er vor allem zum
kunstvollen Fechten ermahnt:
"kein kunst iss, wer nür Bleyen kan, / sunder er mus auch ver seczen. / man
fend gar oft ein bauers man, / der ein schwachen kund ver leczen; / wen man sein
kunst an schauen wil, / So heists ge droschen, mus ich sagen; / wie man noch
find der fechter fil, / die weng kunst bey in dragen / ja dragen."
(Strophe 17)
Nach seiner eigenen Aussage wurde er 1574 zu einem Freifechter : "Georg Hager
jst der name mein, / mach schwarcze schüelein gros vnd klein, / vnd wur ein frey
fechter für war, / Da man schrib vier vnd sibnzig jar. / Bin jectz ein maister
singer drat, / vnd wand zu Nürnberg jn der stat."
Allerdings gab er nach seiner Heirat 1580 mit Caterina Münch, der Tochter
eines Goldschmieds, das Fechten auf: "Georg Hager, So bin
jh ge nant. / Das schwert füeret
ih jn meiner Hant. / Das fechten drib jh nahent vnd ferrn, / vnd hüelt
schul vor fürsten
vnd herrn. / Habs wieder gehenckt Hinder die thür.
/ Hab das meister gsang zogn her für;
/ Bey dem kan Ih gruhlihcer leben. / Es thut vil herrlicher lehr geben. /
Geistlich vnd weltlich, vnd zum theil / auch schwänck
vnd fabel zu kürcz
weil. / Da drag Jh kein Beihlen dar von. / sing Ih, so gibt man mir zu lon / Ein
trunck, vnd schenckt mir fleisig ein, / Es sey ge leich Bier oder wein."
Diesen Sachverhalt betont er auch nochmal in dem fiktiven Gespräch mit Hans
Sachs "Ain gsprech, der Löblich Boedt Hans Sachs mitt disen dichter" vom
20.05.1592.
Er bietet uns damit einen seltenen persönlichen Einblick, den er mit dem
Zweizeiler: "Singen bring lob, ehr vnd Rum. / Fechten macht die glider krum."
auf den Punkt bringt.
zitiert nach Georg Hager, A Meistersinger of Nürnberg 1525 - 1634, Clair Hayden Bell, University of California Press Berkley, 1947, Part 1, p. 24 f. | |
Portrait Georg Hager | http://www.portraitindex.de/documents/obj/oai:baa.onb.at:7684002 |
Fechtergesellschaften
Anzunehmen ist, daß Kaiser und Stadträte ein Interesse daran hatten, die Wehrhaftigkeit Ihrer Bürger zu fördern und daher die Bruderschaften mit gewissen Privilegien ausstatteten. Die wohl typisch deutsche Neigung zur Bildung von Vereinigungen und das Monopol der Marxbrüder auf die Fechtausbildung waren wahrscheinlich mit verantwortlich, daß die Lehre Liechtenauers für lange Zeit bestimmend war. Bereits seit der Antike wurden Fechten und Ringen immer auch schon zum Vergnügen (fnhd. Schimpf) ausgeübt. Insofern sind die Bruderschaften als Vorläufer der heutigen Sportvereine von sporthistorischem Interesse, auch wenn es den Begriff Sport im heutigen Verständnis damals natürlich noch nicht gab.
Aus: Curioser Spiegel, in welchem der allgemeine Lauff dess ganzen Menschlichen
Lebens ... vorgestellet wird, 1689
Bildquelle:
http://edocs.ub.uni-frankfurt.de/volltexte/2007/7628/
Der Stich ist vermutlich das Nürnberger Fechthaus darstellend von Elias
Porcelius (geb. 03.09.1662 Isny im Allgäu, gest. 04.07.1722 in Nürnberg)
Am 10. August 1487 verlieh Kaiser Friedrich III anläßlich
eines Reichstages in
Nürnberg den Meistern des Schwerts einen ersten
Privilegiumsbrief mit weitreichenden Rechten. Diese sind im Folgenden: Niemand
im Reich darf sich Meister des Schwertes nennen, Fechtschulen oder entgeltlichen
Unterricht abhalten, der nicht vorher von den Meistern des Schwertes zugelassen
wurde. Die Meister dürfen in den Reichsstädten Versammlungen abhalten und einen
Oberen wählen. Sie dürfen sich eine Ordnung und Satzung geben und Verstöße
dagegen selbst bestrafen. Wer diese Privilegien der Meister mißachtet muß 10
Mark Lot Goldes je zur Hälfte in die Reichskammer und an die Meister des
Schwertes zahlen. Ungeklärt ist bisher, ob es sich bei diesen Meistern, um die
bei Paulus Kal erwähnte "Liechtenauer
Gesellschaft" handeln könnte. Selbst die später gebräuchliche
Zusatzbezeichnung Meister des Langen Schwerts fehlt.
Sicher ist nur, daß
die Bruderschaft Unserer lieben Frau und reinen Jungfrau Maria und
des Heiligen und gewaltsamen Himmelsfürsten Sankt Marxen oder kurz die
Marxbrüder, später auch nur Bruderschaft von St. Marco und Löwenberge
genannt, dieses Privileg für sich beanspruchten. Die erste Erwähnung (allerdings
in einer Abschrift (I.6.2°.5) von 1566) findet 1490 statt. In dieser ist eine
Fechtordnung der Marxbrüder aus dem Jahr 1491 beschrieben. Sehr wahrscheinlich
ist es, daß es sich bei dieser um eine Art "Gründungssatzung" auf
Grund der Rechte des Privilegiumsbriefes handelt.
Dieses Privileg sicherte allerdings der Bruderschaft bis ins 17. Jhd. ein reichsweites
Monopol auf die Meisterprüfung. Erst durch den Privilegienbrief von Leopold I.
von 1688 bekamen die Freifechter die Erlaubnis auch ohne Anwesenheit eines
Meisters des langen Schwertes aus der Bruderschaft von St. Marco ihre Leute
auf ihr Begehren unverhinderlich zu probiren. Allerdings waren umgekehrt
auch Meister der Freifechter bei Prüfungen der Marxbrüder in Frankfurt zugegen.
Nach dieser Augsburger Handschrift I.6.2°.5 bestand der Hauptsitz wohl
bereits seit 1490 in Frankfurt, ist aber erst im Stadtarchiv Frankfurt ab 1575
dokumentiert.
Die Ernennung der Meister erfolgte jeweils zur Herbstmesse, später dann auch
zur Früjahrsmesse, in Frankfurt. Die Herbstmesse fand immer nach dem Gedenktag
Mariä Geburt am 8. September statt, was einen gewissen Bezug zum ersten Teil des
Namens erkennen läßt. Aufnahmegebühr waren 2 Gulden, welche die
frisch zum Meister Geschlagenen aber fast immer der Büchsen schuldig blieben,
so daß der neu gewählte Hauptmann Blasius Veltten in der Augsburger Handschrift
sogar für das Jahr 1536 vermerkte, daß ihm "kein heller oder der noch anderst
uberliffeert worden in der Laden dann ein bar schwertter". Auffällig ist, daß
gerade für den Zeitraum (1567 - 1574) , in dem die Anfänge der Gesellschaft der Freifechter
zu vermuten sind, bisher keine Dokumentation existiert.
Unklar bleibt auch, welche Rolle der Evangelist Markus im Namen spielt, dessen
Symbol der geflügelte Löwe ist. In der Heraldik steht der Löwe für Kraft, Mut
und königlicher Macht. Dieser hält aber in der Pranke nicht wie für St.
Markus üblich ein Buch, sondern einen länglichen Gegenstand, den man als
Säule oder als Schriftrolle deuten könnte. Diese Abwandlung, zu der auch das
Schwert in der rechten Pranke gehört, könnte vielleicht ein Hinweis darauf sein, daß es der Bruderschaft mehr um die Eigenschaften des Wappentieres, als der
Person, die es verkörpert, ging.
Interessant sind erhaltene Streitbriefe zwischen den Nürnberger Marxbrüdern und den Prager Federfechtern aus dem Zeitraum 21.05.1609 bis 05.03.1610. Ausgelöst wurden diese durch eine Anfrage der Prager Marxbrüder an die Nürnberger, ob diese etwas über die Privilegien der Federfechter wüssten, was insofern verwundert, da Prag ja der Hauptsitz der Federfechter war und der Privilegiumsbrief an die Federfechter bereits 2 Jahre vorher erfolgt ist. Im Verlauf dieses Schriftverkehrs wurden offensichtlich von den Marxbrüdern die Federfechter als "leichtsinnig" bezeichnet. Diese zeigten sich dermaßen in ihrer Ehre verletzt, daß sich sogar der Nürnberger Rat in diesen Streit einschalten mußte. Der Tatsache, daß dieser Streit ausgerechnet zwischen den Nürnberger Marxbrüdern und den Prager Federfechtern geführt wurde, könnte man unter Umständen entnehmen, daß die Nürnberger Marxbrüder innerhalb ihrer Gesellschaft am Anfang des 17. Jahrhunderts eine führende Stellung inne hatten.
Privilegienbriefe der Marxbrüder:
10.08.1487 Erster Privilegiumsbrief durch Kaiser Friedrich III. in Nürnberg
23.09.1512 Bestätigung durch Kaiser Maximilian I. in Köln
05.04.1521 Bestätigung durch Kaiser Karl V. in Worms
13.05.1541 Neuer Freiheitsbrief durch Kaiser Karl V. in Regensburg mit
Verleihung eines adeligen Wappens
06.05.1566 Bestätigung des Freiheitsbriefes von 1541 durch Kaiser Maximilian II.
in Augsburg
15.07.1579 Erneuerung durch Kaiser Rudolf I. in Prag
20.03.1670 Freiheitsbrief durch Kaiser Leopold I. in Wien mit Vermehrung des
Wappens und Erweiterung um den Zusatz "von Löwenberg"
Wappen der Marxbrüder von 1541
Privilegiumsbrief 10.08.1987 von Kaiser Friedrich III - Transkription von Schwertbund Nurmberg | Privilegiumsbrief |
Transkription von Cod.I.6.2°.5 von Olivier Dupuis | http://www.pragmatische-schriftlichkeit.de/Cod.I.6.20.5.html |
fiktiver Rechtsfall über den tödlichen Streit zweier Marxbrüder mit drei Ex-Soldaten; G. Barth, Hodegetha Forensis civilis et Criminalis, 1725, p. 969 ff | http://books.google.de/ |
Die Gesellschaft der Freifechter von der Feder vom
Greifenfels, Frei- oder Federfechter genannt, entstand vermutlich um
die Mitte des 16. Jahrhunderts. Auch wenn die Marxbrüder die ältere und ursprünglich einzige
Bruderschaft waren, gibt es einige Indizien dafür, daß die Freifechter später,
die an Mitgliedern zahlenmäßig größere Gesellschaft waren. (Zu den Ursprüngen
siehe auch "Hans Sachs")
Diese erhielt ihren ersten Privilegiumsbrief durch Kaiser
Rudolf II am 7. März 1607 in Prag, wo sie auch ihren Hauptsitz
hatten. Karl Wassmannsdorf sieht die früheste Erwähnung der Federfechter nicht
vor 1574. Die früheste Unterscheidung
zwischen Marxbrüdern und Federfechtern für Nürnberg ist erst mit den Nürnberger
Fechschulreimen von 1579 nachweisbar.
Unklar ist bisher, was genau unter "Freifechter" zu verstehen ist und
ob dieser Begriff ausschließlich in Zusammenhang mit der Gesellschaft zur Feder
verwendet wurde.
Die bisher früheste Erwähnung eines Freifechters steht in Zusammenhang mit
Andre Paurñfeyndt, dem Autor des ersten bekannten gedruckten Fechtbuches von
1516. Dieser bezeichnet sich als "Freyfechter czu Vienñ". Interessant ist seine
Unterscheidung in der Vorrede: "So du von ainem maiſter ſchwercz oder von
ainem vermerten freifechter lerñſt / vnd nit von den winckel fechterñ als wan
ain plinter den anderñ furt vnd fallen ped in graben."[4].
Dies könnte ein früher Hinweis auf die erst wesentlich später belegbare
Unterteilung der Fechter in Marxbrüder, Federfechter und Luxbrüder sein, ist
aber ohne weitere Anhaltspunkte mit einer gewissen Vorsicht zu interpretieren.
Ein weiterer Hinweis in diese Richtung entstammt der Abschrift einer späteren
Ordnung der Federfechter von 1610, in der es heißt: "... und wie es sich oft
vor der Zeit begeben hat, daß ezliche Fechter sich unterstanden haben Schüler zu
lehren, of selber nicht gefreihet gewesen, so soll dieser Meister des langen
Schwerts Macht haben, ihnen solchen Winkelfechtern das Fechten niederzulegen
oder ab sie sollen sich von vorbenanntem Meister des langen Schwerts lassen zu
einem Freifechter machen und sich nicht anders nennen als Freifechter, bis daß
er innerhalb 3 Jahren zu Prag in der Königl. Stadt sich zu einem Meister des
langen Schwertes machen lassen, alsdann soll ihm vergönnet sein, Schüler zu
lehren." (Quelle siehe unten Meister Krüger)
Allerdings widersprechen sich die beiden Quellen bei dem Recht, Schüler zu
unterrichten, wobei auch der große zeitliche Unterschied zu beachten ist.
In diesem Zusammenhang ist auch folgende kurze Erwähnung in der Cosmographia von Sebastian Münster interessant:
Sebastian Münster, Cosmographia, 1598, Nürnberg, Privatbesitz
Die ersten beiden Quellen widersprechen sich bei dem Recht, Schüler zu unterrichten, wobei auch der große zeitliche Unterschied zu beachten ist. Während man aus den Angaben von Paurnfeyndt und Münster schließen könnte, daß es sich dabei um einen approbierten Fechter handelt, der nicht den Marxbrüdern angehört, beschreibt die Fechtordnung von 1610 eher den Status eines angelobten Meisters. Dies könnte damit zusammenhängen, daß die Freifechter von der Feder erst 1607 offiziell anerkannt wurden und damit eigene Meister ernennen durften.
Als erster erwähnter Nürnberger Freifechter soll 1559 Georg Oßwald Gernreich, Student und Freifechter, in Straßburg Schul gehalten haben. Dieser bekam dort wegen einer anonymen Schmähschrift gegen die dort ansässigen Kürschner, die zu den Marxbrüdern gehörten, Probleme mit dem Rat der Stadt.[1] Damit wäre dies aber die bisher früheste Erwähnung einer Rivalität zwischen Marxbrüdern und Freifechtern.
Fechtschule, Kupferstich, Mitte 16. Jhd., Virgil Solis
Die oben dargestellte Fechtschule (siehe auch den Siegerkranz links) des Nürnberger Kupferstechers Virgil Solis (1514-01.08.1562) könnte durch den dargestellten Greif, dem Wappentier der Freifechter, ebenfalls ein früher Hinweis auf diese sein. Leider fehlt eine exakte Datierung. Die Signatur des Meisters wurde von dessen Werkstatt auch nach seinem Tod noch verwendet. Von Virgil Solis, der auch für seine Darstellungen von Landsknechten bekannt ist, gibt es mindestens noch eine weitere Darstellung von Fechtern (allerdings ohne den Greif), auf der auch neben den üblichen Waffen Dreschflegel dargestellt sind.
Ebenfalls umstritten ist die Herkunft des
Zusatzes "von der Feder". Die bisherigen
Theorien stammen dabei überwiegend aus der Sekundärliteratur des 19.
Jahrhunderts. Wassmannsdorff interpretiert den Namen als Verballhornung des angeblichen
Schutzpatrons der Freifechter, des Hl. Vitus (Veit). Dabei stützt er sich auf
eine Textstelle, die er nach eigener Angabe dem Fascikel 27 der Aktenstücke über
die Marxbrüder im Archiv von Frankfurt a. M. entnommen hat: "Die Marcusbrüder
Vnd feder fechter haben einer leyh exercitia, theyhls handtwerker bekennen sich
zu jenen, vnd die andern zu diessen; jene werden zu Meystern hier, diesse zu
präg gemachet, diese werden Veyter fechter genandt, weyhlen Sie auf St. Viti tag
ihre privilegia erhallten haben".[2] Der Hl. Veit ist auch
der Schutzpatron von Prag.
Nach einer zeitgenössischen Quelle von 1610
[5] ("also haben sich dise mit den drey Euangelischen
Thiern vnnd nach den Euangelisten selber nennen wöllen"[5]
) wäre allerdings der Evangelist Johannes Schutzpatron gewesen. Was insofern
verwundert, da dessen Evangellistensymbol eigentlich der Adler und nicht wie
eindeutig bei den Freifechtern der Greif ist.
Die Erklärung von Wassmannsdorff ist bereits bei seine Zeitgenossen umstritten.
Der Erklärungsversuch von Schmied-Kowarzik und Kufahl geht davon aus, daß die
Freifechter sich anmaßten, wie die Marxbrüder eine Feder auf dem Hut zu tragen
und daher als Federfechter verspottet wurden, dies später aber dann in einen
Ehrennamen verkehrten.
Erhalten sind uns mehrere Sprüche (vgl. A. Schaer),
welche das Schwert bzw. die Fechtfeder mit einer Schreibfeder vergleichen. Eine
solche befindet sich nämlich in gelber Farbe im Wappen der Federfechter. In des Pritschmeisters Benedict Edlbeck's gereimter Beschreibung
der Fechtschule auf dem großen Schiessen zu Zwickau im Jahre 1573
(aufgeschrieben 1574) heißt es:
"Wer mir ein von der feder veracht, / Und macht sich wider die gerüst, / Den wil
ich bstehen wie wild er ist, / Schwing dich Feder, sich wie man thut, / Schreib
gern mit dintn, die sieht wie Blut." Nach Wassmannsdorff ist dies zugleich
auch die erste Erwähnung der Federfechter.
Vielleicht haben sich aber auch die
bei den Federfechtern zusammengeschlossenen Handwerksberufe - was im übrigen als
möglicher Entstehungsgrund der Freifechter von der Feder vermutet werden kann - als
intelligenter oder "besser" als die Marxbrüder
gesehen und daher die Schreibfeder als Symbol gewählt. Reizvoll wäre auch die
Vorstellung, auf Grund gewisser Gemeinsamkeiten mit den Meistersingern (siehe
dort) die Entstehung der Schreibfeder in diesem Umkreis zu suchen, was mangels
weiterer Anhaltspunkte freilich eine reine Spekulation bleiben muß.
Eine mögliche Ableitung des
Namens von dem damals gebräuchlichen Übungs- und Sportgerät, das wir heute als "Fechtfeder"
bezeichnen und was bereits von einem gewissen Herrn Göttling, später adaptiert
von Professor Scheidler 1849 vermutet wurde, wird von Wassmannsdorff - und auch
von den anderen Zeitgenossen des 19 Jahrhunderts - scharf abgelehnt mit der
Begründung, daß es keinen Beleg dafür gibt, daß die Bruderschaften
unterschiedliche Waffen verwendet hätten. Die Existenz einer solchen Übungswaffe
wurde im 19. Jhd. vollständig
ignoriert. Obwohl auch Schmied-Kowarzik und
Kufahl diese Erklärung ablehnen, gestehen sie andererseits den Federfechtern zu,
daß diese den hölzernen Dussack, welcher ja auch von den Marxbrüdern verwendet
wurde, als Ersatz für das Lange Messer aus Böhmen eingeführt hätten.
Nach einem überlieferten
Meisterbrief [3] erfolgte die Ernennung von approbirten
Meistern in Prag mindestens
noch im Jahr 1735.
Privilegienbriefe der Freifechter von der Feder:
07.03.1607 Erster Privilegiumsbrief durch Kaiser Rudolf II.
in Prag mit Verleihung eines adeligen Wappens
17.10.1613 Erneuerung durch Kaiser Mathias in Regensburg
13.07.1627 Erneuerung durch Kaiser Ferdinand II. in Wien
18.12.1640 Erneuerung durch Kaiser Ferdinand III. in Regensburg
26.10.1669 Erneuerung durch Kaiser Leopold I. in Wien
02.12.1688 Privilegiumsbrief durch Kaiser Leopold I. mit Vermehrung des Wappens
Erweiterung um den Zusatz "von Greifenfels"
Wappen der Federfechter,1688
Siebmachers großes und allgemeines Wappenbuch, Band I, Abt. 7
Hrsg. von Gustav A. Seyler, Nürnberg: Bauer & Raspe, 1916.
[1] Alsatia, Jahrbuch für elsässische Geschichte, Sage, Alterthumskunde, Sitte, Sprachke und Kunst, im Vereine herausgegeben von August Stöber; 1853; p. 180 ff.; Originalquelle: Einundzwanziger Memoriale; 1559; fol. 524b, 533b | Die unterbrochene Fechtschule, ein Sittenbild aus dem 16. Jahrhundert von Ludwig Schneegans. |
[2] Karl Wassmannsdorff; Sechs Fechtschulen der Marxbrüder und Federfechter aus den Jahren 1573 bis 1614; Nürnberger Fechschulreime v. J. 1579 und Rösener´s Gedicht: Ehrentitel und Lobspruch der Fechtkunst v. J. 1589; 1870 | http://gdz.sub.uni-goettingen.de/dms/load/img/?IDDOC=323894 |
[3] ohne Quellenangabe dargestellt bei Scmied-Kowarzik u. Kufahl, vermutl. eine Abschrift von: |
D. Gottfried Rudolph Pommers al. Bugenhagen Sammlungen
historischer und geographischer Merkwürdigkeiten: Nach des Verfassers Tode aus seiner zum Druck völlig fertig gemachten Handschrift; Johann Bugenhagen, Abraham Gotthelf Kaestner, Paul Emanuel Richter, 1752 |
[4] Transkription "Ergrundung Ritterlicher Kunst der Fechterey"; Andre Paurñfeyndt; 1516 von Michael Chidester | http://www.wiktenauer.com/ |
[5] Guarinonius, Hippolytus; Die Grewel der Verwüstung Menschlichen Geschlechts : In sieben vnterschiedliche Bücher vnd vnmeidenliche Hauptstucken, sampt einem lustigen Vortrab abgetheilt ...; Ingolstatt; 1610 | Bayerische StaatsBibliothek digital |
Ab dem 17. Jahrhundert taucht in einzelnen Erwähnungen eine
dritte Gruppierung auf, die als Lucas- oder Luxbrüder bezeichnet
werden.
In der bereits oben von Wassmannsdorff angeführten Schrift heißt es weiter: "Ein
Lucas Bruder ist ein Meyster aus denen Marcus oder Veyths fechtern, so sich
vndernimmet gegen alle vnd jede die Schuhl zu behaupten ; würdt Er aber
bluthrüstig gemachet, so ist Er ab, vnd die übrige theyhlen das von
denen Zuschauwern erlössete geldt." Allerdings geht aus Akten in
Wittenberg hervor, daß einer der Streitpunkte zwischen Meister Martin
Krüger, einem Federfechter, und seinem Kontrahenten Georg Albrecht, von
Beruf Bartscherer oder Tanzmeister, dieser offensichtlich keinen
Nachweis über seine Kunst erbringen kann, d.h. vermutlich weder ein
Marxbruder noch ein Federfechter war. Während Martin Krüger selbst seinen
Kontrahenten als Winkelfechter bezeichnet, nennt ihn die Öffentlichkeit
einen Lucksbruder.
Weitere Belege führt Alfred Schaer, Die altdeutschen Fechter und Spielleute,
1901, auf: "Ausserdem finden sich dieselben noch in folgenden Stellen
erwähnt, die ich Grimm 's D. W. B. entnehme. Bei Philander 1, 245 (Ausgabe
vom Jahre 1642) heisst es: «ich bin ein examinirter approbirter fechtmeister,
der das lob hat, dass er sich für einen federfechter, Marxbruder und
Luxbruder, je nach dem die gegenparthei sinnes ist, ritterlichen als bintzel,
gebrauchen lasse». Und in Pasquini Staatsphantasien aus dem Jahre 1697 lesen
wir pag. 323: «damit der herzog von Savoien ein spiegel fechten mit dem
marechal de Catinat in Piemont anstellen, selbigem aber nicht viel weher
thun solte, als wenn die Lucas- und Marcusbrüder mit ihrer federfechterei
sich die köpfe ein wenig blutig schlagen und dabei den Zuschauern die beutel
leeren, so gut sie können». Hübner 's Handlungslexicon von 1722 pag. 992
berichtet: klopffechter .... werden in federfechter und Marxbrüder, oder
meister des langen schwerdtes von St. Marco und der Löwenburg abgetheilet,
und «wenn einer unter ihnen wider beide partheien zu fechten eine schule
aufschlaget, so wird er ein Luxbruder geheissen»."
Zumindest hatten diese offenbar nicht den besten Ruf. Auch fehlt bisher jeder
Hinweis, daß diese in irgendeiner Form organisiert waren. Vielmehr taucht
der Begriff als Synonym für Klopf- und Winkelfechter auf.
Diese Klopffechter waren mit dem Niedergang der Fechktunst auch auf
Jahrmärkten anzutreffen, ähnlich vielleicht zu den Volksfest-Boxern, die
auch heute noch auf solchen Festen zu finden sind. Ein Beleg dafür könnte
der bis heute auf Volksfesten stehende "Hau den Lukas" sein.
Allerdings stellt
sich auch hier die Frage nach der Herkunft des Namens. Den Versuch einer
Namenserklärung findet man in Die deutsche Turnkunst zur
Einrichtung der Turnplätze dargestellt (1816): "Wer sich nicht in die
Gesetze und den Brauch fügte, auch nicht mit reinen Stößen und Schlägen nach
redlicher Fechter Weise umging, ward nicht für tüchtig und zunftmäßig
geachtet, sondern als ein grausamer und tückischer Lux (Luchs von lugen)
angesehen und Luxbruder genannt. Ein Luxbruder konnte in keiner
Fechtergesellschaft Gesell und Meister werden, ...; doch gestatteten beide
Gesellschaften, daß sich Luxbrüder mit ihnen auf Hieb und Stich schlugen."
Allerdings erscheint diese Erklärung wenig überzeugend.
Eine wahrscheinlichere Erklärung wäre analog zu den Marxbrüdern (St. Markus) eine
Begriffsherkunft vom Evangelisten St. Lukas. Dieser hatte als Symbol den geflügelten Stier
und war auch Schutzpatron der Maler, die sich ab dem 15. Jhd. zu Lucasgilden
zusammenschlossen. Hierfür würde auch die Beschreibung bei Hippolytus von
1610 (siehe oben [5]) sprechen.
Da häufig allerdings von Luxbrüdern gesprochen wird, könnte auch spekuliert
werden, ob sich ursprünglich die Bezeichnung nicht von dem entsprechenden
Tier abgeleitet hat. So schreibt Paulus Hector Mair zu den Eigenschaften eines
Fechters: "...sol er mit 4 dingen begabt sein starckh wie ain Leo
scharpff sichtig wie ain adler schnel wie ein Luchs vnd listig wie ain fuchs"
(Schätze 82 Reichsstadt). In diesem Zusammenhang interessant ist auch ein
Stich von dem bereits oben erwähnten Virgil Solis, der zwar keinen direkten
fechterischen Bezug hat, aber zeigt, wie ein Luchs einen mit einem Greifen
kämpfenden Löwen belauert.
Stich ca. 1555, Virgil Solis
Meister Martin Krüger in Wittenberg. Neue Mitteilungen aus dem Gebiete historisch-antiquarischer Forschungen Verlag Verein, 1840, mit anhängenden Meisterbriefen und einer Fechtordnung | http://books.google.de/ |
Fechtschulen in Nürnberg
Unter einer Fechtschul, bis 1494 in Nürnberg als Schirmschul
bezeichnet, versteht man einen öffentlichen Wettkampf, der von einem
Fechtmeister abgehalten wurde. Die Ursprünge des Begriffs sind nicht bekannt.
Vorstellbar wäre, daß anfänglich die öffentliche Demonstration von Fertigkeiten
(z.B. auch im Rahmen einer Prüfung der Schüler durch ihren Meister) im
Vordergrund standen. Mit der Zeit dann aber immer mehr der Wettkampfcharakter
hervortrat. Für diese Erklärung könnte das im Rahmen der Fechtschulen
abgehaltene Spiegelfechten bzw. Parat ein Beleg sein. (siehe
Schwerttanz und Schwertvorführungen)
Diese Schul mußte vorher vom Rat der Stadt
Nürnberg genehmigt werden. Spätestens ab 1603 war auch immer mindestens einer von zwei
dafür bestellten Mitgliedern des Nürnberger
Rates, sozusagen als Aufpasser, anwesend. Fechtschulen sind in Nürnberg für den
Zeitraum von
1477 bis 1698 belegt.[1] Allerdings ist die
Quellenlage bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts eher dürftig. Die einzelnen
erhaltenen Ratserlässe lassen keine Aussage über die tatsächliche Häufigkeit
dieser Veranstaltungen zu.
1717 schreibt Peter Lauremberg: "Im Jahr nach unsers
Erlösers Geburt 1382, den 13. Jan. ist zu Londen in Engelland an einem Sonntag
/als das Volck in grosser Andacht der Bären Hetze zugesehen / das Gerüst
eingebrochen / daß acht Personen um das Leben kommen / und unzehlich verletzer
und gequetschet worden. Dergleichen hat sich 1438. auf der Fechtschul an
einem Sonntag zu Nürnberg begeben / daß ihrer viel erdrückt und beschädigt
worden."[2] Somit wäre dies die früheste erwähnte Fechtschul in Nürnberg.
Nachdem diese Erwähnung allerdings im Rahmen einer wilden Anekdotensammlung
erfolgt, bleibt es fragwürdig, ob das Datum tatsächlich stimmt. Evtl. bezieht
sich die Beschreibung auch auf ein Ereignis, das tatsächlich am 5.5.1588
passierte.
Bei den Fechtschulen traf man sich, später dann bevorzugt Marxbrüder
gegen
Federfechter, zum Wettstreit in verschiedenen Waffen. Neben
Geldgewinnen bekam der Sieger ein Krenntzlein. In des Pritschmeisters Benedict Edlbeck's
gereimter Beschreibung der Fechtschule auf dem großen Schiessen zu Zwickau im
Jahre 1573 heißt es zu den "Regeln" im Langen Schwert: "Die sollen Fechtn
nach Ehren werth,/ Nach inhalts brauch des langen schwert/ Aus halber und auch
langer schneidt,/ Und wies die kunst mit bringt und geit,/ Alle falsche stück
das ihr wißt,/ Das auff keinr Schuel nit breuchlich ist,/ Das sol auch da
verbotten sein,/ Knopff und auch orth zufauffen ein,/ Und all andre unredlich
stück,/ Die solt man da lassen zurück, / Es solt für Fürsten und auch Herrn,/
Euch rechter schutz gehalten wern,/ Es sey wers woll, gros oder klein/ Dem soll
auch da verbotten sein,/ Uber die Stange nicht zu schlagen/ Auch nicht darunter,
thu euchs sagen,/ Es solln all Fechter wissen das,/ Auff meiner schuel kein neid
noch haß,/ zu tragen aus, wie er wer genendt / Man hat wol ander ort und end,/
Da irs kündt thun, merckt was ich meldt,/ Der Churfürst gibt zuvor auch geldt,/
Auff die höchst Röhr, und das es blut,/ In der wehr das zeig ich euch an,/ Dem
wir so offt vier Gülden zu lohn,/ Drum hebt auff laßt die wehrn nicht feirn/ Es
sol da kein sein Haudt nicht thewrn,/ Wann er schon wird darauff geschlagen,
..." (zit. n.
Karl Wassmannsdorff). In sofern beschränkten
sich die Aktionen im Langen Schwert vermutlich ausschließlich auf Hiebe (keine Stiche) zum Kopf mit dem Ziel
eine blutende Wunde zu schlagen: "Einander zwüschent Ohren schmeißt, /Da das
schwartz Haar am dicksten steht, /Biß der rot Safft herausser geht,/ Und trefft
mich auch zwischen die Ohrn,/ Es soll bey mir drum sein kein Zorn."
(Die Fechtschule auf des fürstlichen Hochzeit zu Stuttgart i. J.
1575, ebenfalls zit. n. Karl Wassmannsdorff)
Für die Jahre 1590, 1602, 1607 und 1615 sind in Nürnberg jeweils ein Todesfall
belegt. 1602 mußte der Verursacher noch etliche Tage ins "Loch" und bekam für
einige Zeit eine Fechtsperre. 1607 wurde nur eine Geldbuße verhängt
und im 1615 nur eine Fechtsperre von einem Jahr. Diese Unfälle erfolgten durch das Rapier.[3] In zwei Fällen erfolgte der Tod mittels
eines Stichs in den Kopf durch das Auge, in einem durch ein Nasenloch. Mit dem einhändig geführten Rapier
waren schnelle Stoßtechniken hervorragend möglich. Auch wenn eher davon auszugehen
ist, daß auf den Fechtschulen stumpfe Übungswaffen, ähnlich der
Fechtfeder, eingesetzt wurden, war dieses auf Grund seiner Gefährlichkeit weniger
beliebt.
Die meisten Wettkämpfe dürften im Dussack ausgetragen worden sein, den
es sowohl aus Holz als auch aus gefüttertem Leder gab. Beim Kampf
mit dem Dussack wurde an der Waffenhand ein gepolsterter Handschuh getragen, in
späteren Darstellungen dann an beiden Hände und zusätzlich eine Art gepolstertes
Kopfband. Die
Rechnung eines Nürnberger Handwerkers von 1629 belegt auch die Verwendung von
Brustflecken. Ob darüber hinaus Schutzausrüstung verwendet wurde, ist nicht
bekannt. Die bildlichen Darstellungen in den Fechtbüchern, vor allem beim Langen
Schwert, vermitteln den
Eindruck, daß grundsätzlich eher auf eine solche verzichtet wurde.
Bei den Bürgern erfreuten sich die Fechtschulen großer Beliebtheit. Fanden diese
anfangs wohl eher unregelmäßig statt, wurde spätestens ab der 2. Hälfte des 16. Jhd.
wöchentlich am Sonntag Fechtschul gehalten. Die erste Fechtschul des Jahres fand
meistens am ersten Sonntag nach Ostern statt. Das 16. Jhd. ist wohl auch als die
Blütezeit von Veranstaltungen dieser Art zu sehen.
Fechtschulhalter, d.h. Veranstalter einer Fechtschul, durfte nur ein
approbierter, evtl. auch ein angelobter, Fechtmeister sein. Da er einen Teil der
Eintrittsgelder für sich behalten konnte, war dies offensichtlich auch
finanziell sehr lukrativ. So belegen die Ratsprotokolle für Fechtschulen im
April 1551, daß sich zwischen 4 und 7 Fechtmeister gleichzeitig für die
Austragung beim Rat beworben hatten.[4]
Im 17. Jahrhundert gerieten die Veranstalter immer mehr unter Druck. Vor allem
die Geistlichkeit versuchte immer wieder Fechtschulen, vor allem am Sonntag,
durch den Rat verbieten zu lassen. Diese Proteste hatten auch insoweit Erfolg,
daß mit Eröffnung des Fechthauses 1628 (siehe dort) die Fechtschulen montags abgehalten
werden sollten. Da das Fechthaus während des 30jährigen Krieges eröffnet wurde,
ist folgender Auszug aus dem Ratsprotokoll vom 13.08.1629 interessant, in dem es
heißt: "Wegen jeziger schweren und gefehrlichen leuften werden Komödien und
andere Lustbarkeiten, doch außer den fechtschulen, abgeschafft.[4]"
Der Montag führte allerdings zu geringeren Einnahmen, da die meisten
Zuschauer und Teilnehmer montags natürlich arbeiten mußten. Nicht im Sinne der
Kirche gab es auch einige Handwerker die daraufhin sonntags arbeiteten, um am
Montag zur Fechtschul sich frei nehmen zu können. 1629 wurden diese dann wieder
sonntags zugelassen.
Allerdings blieb in den folgenden Jahren wohl als
Fechtschultermin der Montag maßgeblich. Bei J. C. Siebenkees ist eine
Protestaktion des geistlichen Ministeriums zu Nürnberg von 1631 wiedergegeben:
"Es ist offenbar, daß uf hiesigen Fechtschulen nicht nur allerhand Ungebier
vorlaufen, Schelten, Fluchen, Gotteslästern, Zorn, Bitterkeit, Rachgier,
Blutvergiessen und Jubelgeschrei über das ex odio et cupiditate lucri vergossene
Menschenblut, dergleichen spectacula unter den Christen billig abgeschafft
werden sollten. ..." Unterstützt wurden die Geistlichen in ihrem
Anliegen durch die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen des 30jährigen
Krieges. Tatsächlich fanden zwischen 1632 und 1641 keine Fechtschulen in
Nürnberg mehr statt. 1642 wurden diese teilweise wieder zugelassen. Die Zulassung der
Fechtschulen im Jahr 1643 durch den Rat der Stadt hatte einen konkreten Hintergrund.
Dieser wollte damit die Handwerkergesellen in der Stadt halten, um die
unangenehmen Folgen des "Lendtleinlaufen" zu unterbinden. Anscheinend gaben sich
diese in der Umgebung von Nürnberg dem "Volltrincken" hin. Natürlich erfolgte
die Zulassung zum Mißfallen der Geistlichen. Auch einige Nürnberger Juristen
unterstützten die Bemühungen, die Fechtschulen abzuschaffen, mit dem Hinweis,
daß im leidigen Teutschen Krieg genug blutige Kämpfe ausgetragen würden.
Allerdings wurden die Auflagen der Stadt an die Fechtschulbetreiber erhöht. In
einem Ratserlaß vom 24.04.1644 heißt es zudem, die Fechter sollen sich "deß
rachgirischen Fechtens und Dölpischen Zusammenschlagens enthalten und hingegen
sich des zierlichen Fechtens befleißigen".
Anläßlich der Beendigung des 30jährigen Krieges kam es im August 1649 zu einem
diplomatischen Kongreß, an dem auch Pfalzgraf Karl Gustav und der schwedische
Feldmarschall Wrangel teilnahmen und das seinen Abschluß im "Friedensmahl" fand.
Da zeitgleich am 7. August die junge Kaiserin Maria Leopoldina im Wochenbett
verstarb, untersagte der Nürnberger Rat wegen des Trauerfalls alle öffentlichen
Schaustellungen und damit auch die Fechtschulen. Unter Mißachtung des
ausdrücklichen Verbotes ließ Wrangel am 21. August eine Fechtschule abhalten und
auch mit Hilfe des Gründers des Pegnesischen Blumenordens Georg Philipp
Harsdörfer englische Komödianten auftreten.[4]
In der Folgezeit kam es immer
wieder zu Verboten der Fechtschulen. So fanden im Jahr 1686 nur drei
Fechtschulen statt. Die letzte für Nürnberg einzeln belegte Fechtschul wurde am
21.11.1698 gehalten.
Folgender Ratsbeschluß vom 11. August 1699 könnte ein Hinweis darauf sein, daß
die Fechter für ihre Auftritte auch Geld bekamen. Zudem beinhaltet er wiederum
den Versuch des Rats die Bürger in der Stadt zu halten: "...desgleichen denen
fechtern, damit die bürgerschaft bei der stadt behalten und denselben, wann sie
nach Fürth oder Schweinau sich begeben solten, nachzulaufen nicht veranlasset
werde, etliche schulen erlauben: wobei dann absonderlich befohlen worden, denen
geschwornen aller handwerker wol einzubinden, daß si ihren gesellen, aus den
laden das geld zu nehmen und dasselbe denen fechtern, wie ehemals geschehen,
anzuhengen, ja nicht gestatten, sondern sie vielmehr anweisen, dasselbe auf
notfälle für ihre mit- und handwerksgenossen zusammen zu halten."[4]
Der letzte bekannte Eintrag in den Ratsprotokollen mit Bezug auf Fechtschulen
stammt vom 13.09.1714, wobei hier die Unterscheidung in Frei- und Kunstfechter
auffällt: "Denen sämtlichen frei- und kunstfechtern soll man ir widerholten
bitten, einige schulen halten zu dörfen, nochmal abschlagen ...". Der
Eintrag beinhaltet auch eine Einschränkung des agiren von comoedien
"weilen die herren geistliche wieder die comoedien noch immer fort sehr
eifern".[4] Was vermutlich auch für die Fechtschulen
galt.
Anscheinend wurden aber vereinzelt noch Fechtschulen anfangs des 18.
Jahrhunderts abgehalten, da im historisch-diplomatischen Magazin von 1782 zu lesen
ist:
"1691. den 20. Jul. sind die Fechtschulen durch ein Mandat verbotten worden,
weis aber nicht aus welcher Ursach. Denn sie dauerten doch noch, und erinnere
ich mich, daß sich in der ersten Helfte des gegenwärtigen Jahrhunderts noch
Klopf- und Federfechter im Fechthause haben sehen lassen."
In
Deutschland wurde nach Gustav Freytag (Bilder aus der deutschen Vergangenheit)
"eines der letzten großen Fechterspiele 1741 zu Breslau auf dem Kirchhof von
Magdalena angestellt".
Wie man sieht, kann man die Fechtschulen in ihrer sozialen Funktion durchaus mit
unseren heutigen Fußballspielen (allerdings gab es damals nur 2
"Bundesligavereine") vergleichen, die häufig nicht weniger brutal verlaufen und
bei denen sich die Zuschauer auch nicht immer "züchtiglich" verhalten.
Angefangen von Müll über Alkoholkonsum bis hin zu randalierenden Zuschauern
hatten unsere altvorderen Stadtväter mit ähnlichen Problemen zu kämpfen, wie wir
sie heute auch noch haben. Allerdings hat die Geistlichkeit heutzutage keinen
Einfluß mehr auf die Austragung von Spielen. Aus der ursprünglichen, allerdings
schon damals stark idealisierten, "ritterlichen Kunst" wurde im Laufe der Zeit
eine grobe Volksbelustigung.
Das Bild entstammt der Transkription von C. Lorbeer des Artikels „Nürnbergs Volksbelustigungen im 16. und 17. Jahrhundert“ von Karl Ueberhorst aus der Publikation „Die Gartenlaube“ aus dem Jahr 1876. Der Künstler hat hier eine Szene aus dem Fechtbuch des Joachim Meyer´s vor die Kulisse des Nürnberger Fechthauses gesetzt. Gut zu erkennen sind die verschiedenen Übungswaffen: Dussak, Degen (Dolch) und Fechtfeder. Links steht der Fechtmeister, der mit seiner Stange einen Kampf freigibt oder unterbricht (heute würde man Kampfrichter dazu sagen).
Transkription von C. Lorbeer des Artikels „Nürnbergs Volksbelustigungen im 16. und 17. Jahrhundert“ von Karl Ueberhorst aus der Publikation „Die Gartenlaube“ aus dem Jahr 1876 | http://www.schwertkampf-ochs.de/Essays/Volksbelustigung.pdf |
Historisch-diplomatisches Magazin für das Vaterland und angrenzende Gegenden; Verlag Bischoff, 1782, p. 513 ff | http://books.google.de/ |
Johann Christian Siebenkees, Materialien zur Nürnbergischen Geschichte, 3. Band, 1794; 14. Stück, "Von den ehemaligen Fechtschulen in Nürnberg" | http://books.google.de/ |
[1] Die Beschreibung und Dokumentation "Fechschulen in Nürnberg" basiert teilweise auf: |
"Anfang, Blütezeit und Verfall der Fechtkunst in Nürnberg
vom 14. bis zum 19. Jahrhundert", Diplomarbeit von Peter Maar, Sporthochschule Köln, Wintersemester 1961/62 |
[2] Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 941-942. | 50. Die Entheilung des Sonntags |
[3] Kurzbiographie des Andreas Kameisen, Verursacher eines tödlichen Unfalls auf einer Fechtschul; Kriegs- und Sittengeschichte der Reichsstadt Nürnberg; Franz Ludwig von Soden; 1861; p. 45 | http://books.google.de/ |
[4] Ratsprotokolle zitiert n. Dr. Theodor Humpe, Entwicklung des Theaterwesens in Nürnberg, Nürnberg, 1900 | p. 122 ff, 274, 277 f, 307 f, 316 |
Fechtorte und -böden
Fechtstätten
in Nürnberg: 1. Heilsbronner Hof (blau), 2.
Reitsaal/Fechtboden (gelb), 3. Fechthaus (rot)
Im Zentrum des
alten Nürnberg gab es mehrere Orte, an denen die Fechtkunst
ausgeübt und Fechtschul gehalten wurde. An diesen Veranstaltungsorten (belegt
für Heilsbronner Hof, Fechthaus, Marstall) wurden darüber hinaus auch andere
Lustbarkeiten wie Comoedien und Tragödien, Singspiele und Marionettentheater
aufgeführt, die anfangs noch von heimischen Handwerkern, später dann von
fahrenden Schauspielgruppen (Banden) gespielt wurden.
Unmittelbar neben der Lorenzkirche
befand sich der Heilsbronner Hof, eine Niederlassung des
Zisterzienserkloster Heilsbronn. Zunächst diente diese Einrichtung der
Verwaltung umliegender Güter und dem Verkauf von Waren aus dem Mutterkloster –
darunter übrigens auch Lebkuchen, für die Nürnberg in der Folge berühmt werden
sollte. Bald schon erfüllte der Gebäudekomplex jedoch mit Gastronomie,
Schauspiel- und Fechtvorführungen eine Unterhaltungsfunktion ähnlich heutiger
Shopping Malls. Nach Erhard Schürstab´s Kriegsbericht wurden der große und
kleine Heilsbronner Hof im Markgrafenkrieg gegen Albrecht Achilles um den 24.
Dezember 1449 herum abgebrochen und niedergelegt.[1]
Diese Zerstörung in der eigenen Stadt begründete sich dadurch, daß das Kloster
Heilsbronn unter der Schirmherrschaft der Hohenzollern stand. Offensichtlich
wurden die Gebäude danach wieder aufgebaut.
Aus einem Schreiben an Ansbach geht hervor, daß der Wirt und Geleitsmann
Heinrich Resch (Rösch) vom Nürnberger Rat 1574 die Genehmigung bekam
Fechtschulen zu veranstalten mit der Auflage, diese jährlich genehmigen zu
lassen. Dieser erbat Unterstützung aus Ansbach, nachdem der Rat Fechtschulen nur
noch bis zum Sommer 1578 zulassen wollte, vermutlich um aus der wiederkehrenden
Genehmigung kein Gewohnheitsrecht entstehen zu lassen. Die Einnahmen aus den
Fechtschulen waren offenbar als wirtschaftliche Grundlage existentiell, da Resch
seinen Pachtvertrag tatsächlich 1578 kündigte.
Trotz der Bestrebungen des Rats das
Areal zu erwerben [2] und mehrerer Kriege gegen die
Hohenzollern blieb dieses bis in die Neuzeit unter ihrer Verwaltung. Die
mittelalterlichen Gebäude wurden allerdings bereits 1784 durch den Bau eines
repräsentativen Wohnhauses für den Brandenburgischen Residenten ersetzt. 1945
wurde das Gelände vollständig zerstört.[3]
Heilsbronner Hof, Radierung, 1623, Hans Troschel
(1585 Nürnberg - 1628 Rom)
[1] Quellen und Erörterungen zur bayerischen Geschichte, Bände 7-8, Beck 1858; Band 8, p.82; Schürstab´s Kriegsbericht | http://books.google.de/ |
[2] Über die schwierigen Verhandlungen im Jahr 1525: Freiherr von Soden; Beiträge zur Geschichte der Reformation und der Sitten jener Zeit: mit besonderem Hinblick auf Christoph Scheurl II ; nach archivarischen und anderen handschriftlichen Quellen; 1855; p. 254 ff | http://books.google.de/ |
[3] Stadtlexikon Nürnberg: Heilsbronner Hof; Stand: 13.09.2010 | http://online-service.nuernberg.de/stadtarchiv/ |
Abwechselnd mit dem Heilsbronner Hof wurden die Fechtschulen aber auch im Hof des Wirtshauses Goldener Stern beim Neutorturm abgehalten. Wahrscheinlich handelte es sich um den großen als Sternhof bezeichneten Fuhrmannsgasthof in der Neutorstr. 13, der vor allem durch die Photographie von Ferdinand Schmidt bekannt wurde, und vor 1890 bereits verfallen abgerissen wurde.[1]
[1] zitiert nach: Das alte Nürnberg des Ferdinand Schmidt, Hgb. Helmut Beer, Tümmels 2009, p. 52 f | |
Photographie, Der Sternhof beim Neutor, 1893, Bildarchiv Foto Marburg |
http://www.bildindex.de/bilder/MI02563d12a.jpg |
Im Historischen-Diplomatischen Magazin (1781) wird darüber hinaus ein Egidier Hof als Austragungsstätte (Fechtschulen 1576, 1593) erwähnt. Ob damit der heutige Egidienplatz selbst, der Kirchhof von der St. Egidienkirche oder das ehemals neben dem Pellerhaus befindliche spätere Imhoffhaus gemeint ist, bleibt offen, vor allem da dieser Austragungsort sonst nirgends bisher erwähnt wird.
Auf der Insel Schütt in der Pegnitz, die durch Nürnberg fließt, wurde während
des 30jährigen Krieges am 16. Juni 1628 das so genannte Fecht- oder
Tagkomödienhaus eröffnet.
Über dem Hauptportal befand sich eine lateinische Inschrift mit ungefähr
folgendem Wortlaut: "Übungsplatz des Kriegsgottes Mars und der Kunst für
gymnastische, theatralische und andere öffentliche Übungen und Spiele. Damit
durch dieselben Ermunterung zur Tugend, Abscheu vor dem Laster und Erheiterung
unter den Bürgern verbreitet werde, hat unter der Regierung Kaiser Ferdinand
III., des Königs von Ungarn und Böhmen, der Senat von Nürnberg dieses Gebäude im
Jahre 1628 aufgebaut." Der zentral in der östlichen
Altstadt gelegene Anbau an das vorhandene Wildbad bot um eine ungefähr 20 mal 25 Meter große
rechteckige Arena herum auf drei Galerien rund 3000 Zuschauern Platz. Die
Eintrittsgelder sollten je zur Hälfte den Fechtern und dem Spital zugehen.
Wahrscheinlich wurden dort nicht nur Fechtschulen abgehalten, sondern dieses
auch als Übungsstätte verwendet. Als
erstem festem kommunalen Theatergebäude Deutschlands kommt diesem Bauwerk eine
besondere theaterhistorische Bedeutung zu. Nach dem Verbot der Fechtschulen war das
Fechthaus im 18. Jahrhundert dann neben seiner Funktion als Theaterbühne auch Schauplatz von
Tierhatzen mit Ochsen und Bären, die von Nürnberger Metzgern abgehalten wurden.
Auch artistische Darbietungen und Reitvorführungen waren zu sehen. 1766 wurde
dieses wegen Baufälligkeit renoviert und als Arbeitshaus für Bettler und Streuner verwendet, die in einer Glasschleiferei für das Brillenhandwerk
arbeiten mußten. Entsprechend den Nachrichten zur Geschichte der Stadt
Nürnberg von 1785 befand sich zu dieser Zeit anscheinend noch die Wohnung
des städtischen Fechtmeisters im Gebäude. Der Abriss erfolgte 1811 wegen
baulicher Mängel bzw. weil der Käufer des Wildbades Alexander Baumann, seinen
Garten vergrößern wollte [1,2]
Fechthaus auf der Insel Schütt,
Kupferstich von J. A. Boener (1647-1720)
[1] zitiert nach: | Gabriele Wood; Die Insel Schütt, Nürnbergs heimlicher Stadtpark; i.d.R. Nürnberger Stadtgeschichte(n) Nr. 3; Hgb. Geschichte Für Alle e.V.; 2000; p. 34 ff |
[2] Stadtlexikon Nürnberg: Fecht- oder Tagkomödienhaus; Stand: 13.09.2010 | http://online-service.nuernberg.de/stadtarchiv/ |
Eine weitere Übungsstätte (Fechtboden) befand sich in den Räumen über der Reitbahn des 1695 neu ausgebauten Marstalls im alten Stadtgraben (Katharinengraben), an den heute noch die Marstallbrücke erinnert, in der Vorderen Katharinengasse. Dieser wurde auch als Tanzsaal und für Theater- und Marionettenaufführungen genutzt. Dessen Vorgängerbau, die reichsstädtische alte Münze, wurde 1510 vom bekannten Nürnberger Stadtbaumeister Hans Behaim d.Ä. errichtet, weswegen das Areal anscheinend auch als Münzhof bezeichnet wurde. Wahrscheinlich hat hier auch der bekannte Fechtmeister Johann Andreas Schmidt unterrichtet. Der Fechtboden wurde spätestens seit 1845 nicht mehr genutzt und war an einen Töpfer zum Trocknen des Geschirrs vermietet.[2] Der Reiseführer Nürnberg und seine Merkwürdigkeiten von 1849 schreibt über die städtische Reitbahn: "Diese alte Gebäude, in welchem früher auch Fechübungen statt hatten, ... ist aber in einem so verwahrlosten Zustande, daß die Erbauung eines dem Zweck mehr entsprechenden Hauses als sehr wünschenswerth erscheint." Das Gebäude wurde lt. Stadtlexikon allerdings erst 1945 zerstört.
Stadtlexikon Nürnberg: Marstall; Stand: 13.09.2010 | http://online-service.nuernberg.de/stadtarchiv/ |
Photographie von der Marstallbrücke mit Marstall im
Hintergrund, Bildarchiv Foto
Marburg Photographie vom zerstörten Katharinengraben, Bildarchiv Foto Marburg |
http://www.bildindex.de/bilder/MI02568b01b.jpg http://www.bildindex.de/bilder/MI02519c13a.jpg |
Reitschule im Marstall; Wolfgang Konrad Schultheiss; Geschichte der Schulen in Nürnberg, Band 5; 1857 | http://books.google.de/ |
[1] Pilz, Kurt, „Behaim, Hans der Ältere“, in: Neue Deutsche Biographie 1 (1953), S. 748 f. | |
[2] Lochner, Nürnberg's Vorzeit und Gegenwart: in einer Reihe von Aufsätzen; 1845; Kap. 6 Öffentliche Anstalten | http://books.google.de/ |
Schwerttanz und Schwertvorführung
In enger Verbindung mit dem Fechten steht der Schwerttanz. Dieser soll angeblich
auf die Erlaubnis Kaiser Karl IV. an die Metzger und Messerschmiede zurückgehen,
die beim Aufstand der Handwerker 1349 dem Kaiser die Treue hielten, an Fastnacht
einen Tanz zu halten. Der Brauch soll angeblich noch bis 1850 gepflegt worden
sein.
Schwerttanz der Messerschmiede zu Nürnberg um 1600
Auffällig ist, daß in einigen Jahren, in
denen Belege für die Abhaltung von Fechtschulen fehlen, jedoch die Aufführung
von Schwerttänzen belegt ist. Alfred Schaer kommt daher zu der Auffassung, daß
diese auch als Ersatz für die Fechtschulen dienten. Ob der Schwerttanz der
Messerer tatsächlich diese Ersatzfunktion hatte, erscheint aber eher fraglich,
da dieser wie der Schembartlauf der Metzger wohl den Fastnachtsbräuchen der
Handwerkergesellschaften zuzuordnen ist.
Ambrosius Österreicher (erstmals erwähnt 1558, gest. 31.05.1571), der sich wohl
selbst als Poet und Philosophus bezeichnete, war ein Schreiber von
Meisterliedern und wie sein Zeitgenosse Hans Sachs Leiter einer Spielgruppe. Auf Grund einer
Überschreitung der Zensur des Stadtrates bekam er schließlich Aufführungs- und
Dichtverbot. (nach Theodor Hampe, 1900)
Dieser beschreibt in einem Spruchgedicht ausführlich den Ablauf des
Schwerttanzes vom 16.02.1561. Wie auch auf den meisten Abbildungen ersichtlich
waren offensichtlich Fechterpaare, stehend auf einer aus Schwertern gebildeten
Plattform, genannt Rose, fester Bestandteil eines Schwerttanzes. Die dabei
verwendeten Fechtschwerter lassen sich auf einigen Abbildungen deutlich von den
ansonsten für den Schwerttanz genutzten unterscheiden. Im beschriebenen
Schwerttanz gab es aber auch Fechteinlagen mit Tussecken, Helleparten und
Säbeln. Am interessantesten ist die Beschreibung des Abschlusses dieser
Fechteinlage:
"Trug in der Hand ein zitternt schwerdt / macht geschwind possen hin und wider /
yetzt
fur er auff denn schlug er nider / dann macht er umb den Hals ein leyden / sam
wolt er im den selbs abschneyden / bog darnach zsam beid ort der klingen /
meisterlich kundt er dadurch springen / des ich mich nit gnug wundern kundt /
ich fragt den Mann der nebn mir stund / Lieber, wie stellt sich der so rauch /
er sprach es ist der Fechter brauch / das ein Meister schlegt das Parat / sobald
das fechten ein end hat / und das ist der beschluss der kunst / daraus
entspringt gross lob und gunst"
Gewisse Ähnlichkeiten
deuten darauf hin, daß ein wesentlich kürzeres Spruchgedicht "Der mesrer
schwertancz im 1540 jar" von Hans Sachs, das dieser allerdings erst am 16.7.1560
verfasste, Ambrosius Österreicher als Vorlage diente. Nach der Beschreibung von
Hans Sachs waren auch die Schleifer und Klingenschmiede als Hilfsgewerbe für die
Messerer am Schwerttanz beteiligt.
Auch
in der gedichteten Beschreibung des Messertanzes vom 3.2.1600 des
Meistersingers Hans Weber heißt es: "Ein junger Mann mir wohl bekannt / sein
Namen Hans Fenitzer genanndt / derselb das Zitterschwedtlein hat / schon
mitgeschlagen das parat." (Nürnberger Zeitung, 10./11.2.1934)
Bisher ist aus den Quellen nicht erkennbar, ob zwischen dem Parat und dem in
Beschreibungen erwähnten Paratschwert ein direkter Zusammenhang besteht. So
heißt es beispielsweise in der Beschreibung der Fechtschule auf dem Schießen zu
Zwickau: Ein schönes Paratschwert, glaubet mir, daran war gar ein schöner
Krantz. Dabei fällt vor allem in der Darstellung unten die Biegung der
Klinge auf.
Kupferstich, Jost (Jodocus) Amman (geb. 1539 in Zürich; gest,
März 1591 in Nürnberg)
Ohne weitere Quellen wird sich dazu keine gesicherte Aussage treffen lassen. Es könnte sich damit sowohl um ein lediglich mit Kränzen geschmücktes Fechtschwert als auch um einen speziellen flexiblen Typ zu Showzwecken gehandelt haben. Die Annahme, daß es sich um ein besonderes Prunk- bzw. Prachtschwert handeln könnte, scheint mangels weiterer Hinweise oder Abbildungen eher unwahrscheinlich zu sein. Auch die verbreitete Annahme, daß es sich um eine Bezeichnung für Fechtfedern oder Übungsrapiere handelt, kann aus den Quellen bisher nicht bestätigt werden.
Artikel Schwerttanz von Alexander Kiermayer | http://www.schwertkampf-ochs.de/Essays/Kiermayer_Schwerttanz.pdf |
Fotogalerie zum Thema Schwerttanz | http://www.facebook.com/pages/Hroarr/ |
Hans Sachs, Der mesrer schwertancz im 1540 jar | wikimedia |
[1] Schneider, Max; Zwei bisher unbekannt gebliebene gedichte des Nürnberger meistersaengers Ambrosius Österreicher aus dem Jahr 1562; Zeitschrift fuer deutsche Philologie Band 40; 1908 |
Gesellenstechen
Da die Nürnberger Turniere (Gesellenstechen) im weiteren Sinne zu den
"ritterlichen Künsten", nicht aber im engeren Sinn zur Fechtkunst gehören,
sollen diese hier vollständigkeitshalber nur kurz aufgeführt und auf die
weiterführende Literatur (siehe Kasten unten) verwiesen
werden. Beim Gesellenstechen traten die Söhne der vornehmsten Patrizierfamilien
gegeneinander an.
Während es anfangs noch Turniere gab, an denen sich auch der Adel und die Ritter
der Turniergesellsschaften beteiligten, schwand mit der Zeit die Akzeptanz
dieser, die Patrizier-Familien als gleichwertig zu akzeptieren.[1]
Ursprünglich entstanden sowohl der Stadtadel als auch der Landadel aus der
Ministerialität.[2] Mit der Zeit gelang es jedoch einigen
wenigen reichen Kaufmannsfamilien Zugang zu dieser städtischen Oberschicht zu
erhalten. Die Erörterung des komplizierten Selbstverständnisses der Nürnberger
Patrizier zwischen kaufmännischer Bürgerschaft und adeligem Ritterstand würde
jedoch hier den gesetzten Rahmen sprengen.
Nürnberger Gesellenstechen von 1446,
Kupferstich ca. 1700, Werkstatt unbekannt, Privatbesitz
Es gab offensichtlich zwei verschiedene Arten von Turnieren: das Scharfrennen und das Stechen. Interessant in den Beschreibungen ist auch, daß anscheinend einige vom Pferd fielen ohne getroffen worden zu sein. Eine Auflistung von unterschiedlichen Turnieren in Nürnberg findet sich im Nürnbergischen Schönbart-Buch und Gesellenstechen. Das letzte dort aufgeführte Gesellenstechen fand 1561 statt.[1]
Eine besondere Bedeutung hatte anscheinend das Gesellenstechen von 1446. Dieses wurde 1621 von Hans Kern im oberen Gang im Rathaus als Stuckdecke nachgebildet, welche 1945 vollständig zerstört wurde. Als Vorlage diente nach Lochner ein Gemälde, welches Berthold Volckamer "in seiner Behausung in St. Aegidien Gasse in einer großen Stuben, auf ein ausgespanntes Tuch, jeglichen Stecher mit allen Farben und Cleinodien, mit Fleiß malen lassen, welche Behausung nachmals Herr Christoph Tetzel der Aeltere und Losunger erkauft und das viel gedachte Gestech verneuern lassen". Dieses Gemälde, das damit wohl direkt oder indirekt die Vorlage der meisten späteren Darstellungen des Gesellenstechen war, befand sich noch 1845 in Privatbesitz des bekannten Architekten und Professors an der polytechnischen Schule Karl Heideloff.[3] Der weitere Verbleib dieses damit für die Nürnberger Stadtgeschichte wichtigen Gemäldes konnte bisher leider noch nicht geklärt werden.
[1] Nürnbergisches Schönbart-Buch und Gesellenstechen [ab p. 57] : aus einem alten Manuscript zum Druck befördert und mit benöthigten Kupfern versehen, Georg Andreas Will, 1765 | http://archive.org/details/nurnbergischessc00will |
[2]Wikipedia: Patriziat (Nürnberg) | http://de.wikipedia.org |
[3] Das Nürnberger Gesellenstechen vom Jahre 1446 nach der im obern Gange des Rathauses befindlichen Stuffo-Abbildung, G. W. Karl Lochner, Hrsg. Philipp Walther, Nürnberg 1845 | http://books.google.de |
Spruchgedicht von Hans Sachs: Das gesellenstechen von 1538 | Wikimedia |
Zeittafel
1050 |
erste urkundliche Erwähnung von Norenberc |
ca.1389 |
erste Erwähnung Johannes Lichtenauers in der "Nürnberger Handschrift" (GMN Hs. 3227a) |
1438 |
früheste erwähnte Fechtschul in Nürnberg |
vor 1460 |
erster erwähnter Fechtmeister aus Nürnberg - Maister Hartmann |
1477 |
erste nachweisbare Schirmschul (Fechtschul) in Nürnberg |
10.08.1487 |
Erteilung eines Privilegienbriefes an die Meister des Schwertes durch Kaiser Friedrich III. in Nürnberg |
1551 |
erstes belegtes Verbot einer Fechtschul in Nürnberg |
1579 |
spätestens ab diesen Zeitpunkt finden Fechtschulen auch wöchentlich statt |
16.06.1628 |
Eröffnung des Fechthauses auf der Insel Schütt |
1695 |
Neuausbau des Marstalls (Fechtboden) |
21.11.1698 |
letzte nachweisbare Fechtschul in Nürnberg |
10.12.1810 |
Aufhebung der Fechtmeisterstelle der Stadt Nürnberg durch Erlaß des Bayerischen Ministeriums des Inneren. Letzter Fechtmeister ist Jakob Paul Bromig |
23.01.1836 |
Fechtakademie durch Prof. J.B. Roques für das Infanterieregiment mit Einladung aller Fechtmeister |
2005 |
Wolfgang Abart (Lebendige Schwertkunst) unterrichtet historische
Kampfkünste am Bildungszentrum Nürnberg. Bildung einer Übungsgruppe unter dem Namen Schwertbund Franken zu Nürnberg |
2007 |
Umbenennung in Schwertbund Nurmberg, regelmäßiges 1stündiges Training |
2008 |
erste "urkundliche" Erwähnung des Schwertbundes in der Nürnberger Zeitung, wöchentliches 2stündiges Training |
13.05.2009 |
Gründungsversammlung des Schwertbund Nurmberg |
18.08.2009 |
Eintragung des Schwertbund Nurmberg e.V. ins Vereinsregister der Stadt Nürnberg |
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